Imame
Sie kommen als Fremde und gehen als Fremde
An Nachwuchs mangelt es den rund 2.500 Moscheen und Gebetsräumen in Deutschland nicht: Etwa ein Drittel der mehr als drei Millionen Muslime, schätzen Islamwissenschaftler, trifft sich regelmäßig zum Gebet. Wer diese Menschen religiös belehrt, hat lange kaum jemanden interessiert. Zu lange, wie sich nach dem 11. September 2001 herausstellte, als Heerscharen von Verfassungsschützern und Kamerateams in die Gebetsräume ausschwärmten und feststellten: Die freiheitlich-demokratische Grundordnung bleibt hier oft draußen vor der Tür. Bei ihrer diesjährigen Herbstkonferenz sprachen sich die Ausländerbeauftragen der Länder dafür aus, die Imame stärker in das "Projekt Integration" einzubeziehen. Dazu gehöre, dass sie "über das Leben in Deutschland eingehend informiert werden".
Die meisten Imame werden auf Kosten ihrer türkischen, ägyptischen oder syrischen Gemeinde für eine begrenzte Zeit eingeflogen. Hier erhalten sie nicht nur keine deutsche Imam-Ausbildung, sondern überhaupt keine Einführung: An den mit dem Zuwanderungsgesetz eingeführten Integrationskursen nimmt nur teil, wer sich dauerhaft niederlässt. Die Ausländerbeauftragten der Länder fordern deshalb, auch Imamen die Teilnahme zu ermöglichen.
Einige Städte haben sich bereits auf den Weg gemacht: In Hamburg bieten die Volkshochschulen in Zusammenarbeit mit der Türkischen Gemeinde einen Integrationskurs für Imame an. In Berlin werden 2008 die ersten 15 bis 20 Imame eine Weiterbildung absolvieren. "Sie sollen etwas über Geschichte und Politik erfahren und ganz konkret lernen, wie die deutsche Gesellschaft organisiert ist", erklärt Berlins Ausländerbeauftragter Günter Piening. So sollen sie künftig auch in Fragen des Schul-, Renten oder Gesundheitssystems zur Seite stehen können.
Experten sind sich einig, dass Imame, die in Deutschland predigen, auch in hier ausgebildet werden müssen. Da stellt sich - ähnlich wie beim Religionsunterricht - die Frage: Von wem und mit wem? Muslime haben keine zentrale Kirche oder Organisation. Auch der im Rahmen der Islamkonferenz gegründete "Koordinierungrat der Muslime" (siehe Seite 4) ändert daran zunächst nichts. Erste Lehrstühle für islamische Theologie in Münster oder Erlangen reichen für eine universitäre Ausbildung nicht aus. Um die Lücke zu füllen, findet die Ausbildung von Imamen inzwischen sogar in der Türkei statt: In Istanbul und Ankara bereiten das Goethe-Institut und die Konrad-Adenauer-Stiftung Imame auf ihren Aufenthalt in Deutschland vor. Die Universität in Ankara bietet in diesem Jahr erstmals einen eigenen Studiengang für deutschstämmige Imame an.