Jeder Jugendliche soll die Chance auf einen Ausbildungsplatz erhalten, jedes Kind soll bestens ausgebildete Erzieherinnen haben, Absolventen einer Berufsausbildung sollen leichter an eine Universität wechseln können. Über diese Punkte waren sich alle Redner am 18. Januar in der Debatte über berufliche Bildung einig. Nicht gleicher Meinung waren sie dagegen in ihrer Bewertung der "Nationalen Qualifizierungsinitiative", die Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) eine Woche zuvor der Öffentlichkeit präsentiert hatte.
Schavan warb zu Beginn für die Vorteile der Initiative. Das Aufstiegsstipendium, das 1.000 junge Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung erhalten sollen, wenn sie ein Studium aufnehmen, sei ein "ganz neues Instrument", dessen Vorteil auch darin bestehe, dass es unabhängig vom Einkommen der Eltern gezahlt werde. Doch es war vor allem die berufliche Bildung, die Schavan hervor hob. "Die duale Ausbildung ist ein Flaggschiff in Deutschland und einer der Gründe, warum die Jugendarbeitslosigkeit, verglichen mit anderen Ländern, relativ gering ist", sagte sie.
Auch Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) betonte den hohen Stellenwert der Qualifizierungsinitiative bei der Bundesregierung. Er sah aber auch die Wirtschaft in der Pflicht, sich gegen fehlende Fachkräfte zu schützen. "Wer nicht ausbildet, sollte über Fachkräftemangel nicht klagen", so Scholz. Vor allem die so genannten Altbewerber müssten noch stärker beachtet werden. Deswegen habe sich die Regierung entschlossen, den Ausbildungsbonus auch für Realschüler zu zahlen. Denn diese hätten ebenfalls Probleme, einen Platz zu finden.
Die Vertreter der Opposition kritisierten die Initiative als unzureichend. Fortbildungsprogramme für Erzieher gebe es genügend, aber in den Einrichtungen sei die Personaldecke so dünn, dass kaum einer dafür freigestellt werden könne, merkte Uwe Barth (FDP) zum Weiterbildungsangebot für 80.000 Erzieher an. Die FDP hatte einen eigenen Antrag zur Verbesserung der Berufsbildung eingebracht ( 16/7733), der zusammen mit der Unterrichtung der Bundesregierung über die Qualifizierungsinitiative ( 16/7750) an den Bildungsauschuss überwiesen wurde. "Hinter dem Qualifizierungsangebot steckt nur ein Internetportal", bemängelte auch Kai Gehring von den Grünen. Er hielt die so genannten Aufstiegsstipendien für nicht ausreichend, sondern forderte eine grundlegende Reform des Hochschulsystems, um den Zugang zu Universitäten zu erleichtern. Die Angst vor dem Fachkräftemangel sah Cornelia Hirsch (Die Linke) als ein Eingeständnis der Regierung, "dass sie mit ihrer Politik das Bildungssystem vor die Wand gefahren" habe. Der grundsätzliche Fehler sei, dass die Große Koalition nur auf die Rufe der Wirtschaft reagiere, anstatt das System so zu reformieren, dass jeder das Recht auf Bildung wahrnehmen könne.
Im Anschluss an die Debatte lehnten die Abgeordneten einen Antrag der Grünen ( 16/5732) ab und nahmen einen der Koalitionsfraktionen ( 16/5732) an.