Die geplante Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens stößt bei einigen Sachverständigen auf deutliche Kritik. Bei der öffentlichen Anhörung zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 16/7416) am 9. April erklärte Professor Hans Haarmeyer von der Fachhochschule Koblenz, es gebe eine "unglaubliche Vielzahl von Widersprüchen in dem Gesetzentwurf".
Vorgesehen ist in darin, dass künftig auf das bislang notwendige zeit- und kostenintensive gerichtliche Insolvenzverfahren verzichtet werden soll, wenn bereits nach der vorläufigen Prüfung durch einen Treuhänder feststeht, dass der Schuldner völlig mittellos ist. Um einen Missbrauch zu verhindern, ist eine Stärkung der Gläubigerrechte geplant.
Die vorliegende Fassung sei weitgehend "nicht geglückt", urteilte Haarmeyer. Die vornehmlich fiskalisch begründete Reformnotwendigkeit bestehe nicht. Eine solide Feststellung tatsächlicher Belastungen sei frühestens Ende 2009 möglich. Bis zum heutigen Tag vorliegende Erhebungen widerlegten eine angeblich unzumutbare Kostenbelastung vollständig.
Der Entwurf führe zudem zu massiven bürokratischen und personellen Erschwernissen, ohne auch nur ansatzweise materielle Verbesserungen oder gar Erleichterungen für die Abwicklung des Verfahrens mit sich zu bringen. Die geplante Novellierung bewirke zudem eine erhebliche Schwächung der Gläubigerrechte.
Auch Frank Frind, Richter am Amtsgericht Hamburg, wies darauf hin, es gebe neun laufende Gesetzesänderungsvorhaben zur Insolvenzordnung. Diese würden vom Bundesjustizministerium offenbar nicht aufeinander abgestimmt. Die insolvenzgerichtliche Praxis könne diese Flut von Gesetzesänderungen in der täglichen Arbeit nicht mehr bewältigen - eine funktionierende Insolvenzordnung werde so "kaputt reformiert". Es gebe offenbar "überhaupt keine Rücksprache mit der Praxis", so Frind.
Oliver Liersch, Rechtsanwalt für Insolvenzrecht aus Hannover, äußerte die Meinung, mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung 1999 sei nach langer Diskussion ein einheitliches und bis heute in seiner Grundstruktur unbestritten gutes Recht geschaffen worden. Inzwischen habe es seit 1999 eine Vielzahl von Änderungen zur Insolvenzordnung gegeben, weitere Entwürfe lägen noch vor.
Auch Liersch hob hervor, dass die Änderungen untereinander wenig abgestimmt seien. Er forderte den Rechtsausschuss auf, die verschiedenen Zielsetzungen von Änderungswünschen stärker zu bündeln.
Professor Heinz Vallender, Richter am Amtsgericht Köln, begrüßte dagegen die Initiative der Bundesregierung in der vorgesehenen Grundkonzeption. Sie verzichte auf ein Insolvenzverfahren, das mit erheblichem Aufwand verbunden sei. Stattdessen sehe der Entwurf bei mittellosen Schuldnern ein Entschuldungsverfahren vor.
Professor Hugo Grote, ebenfalls von der Fachhochschule Koblenz begrüßte die vorgesehenen Änderungen im Wesentlichen. Einem Großteil der gemachten Vorschläge liege das Bedürfnis zu Grunde, Kosten in den Länderjustizhaushalten einzusparen. Dies solle insbesondere durch eine Kostenbeteiligung der Schuldner und durch Vereinfachungen des Verfahrens ohne Geldmittel geschehen.
Professor Heribert Hirte von der Universitat Köln sprach sich unter anderem für eine Steigerung der Effizienz des Insolvenzverfahren aus. Es werde sowohl über eine Reduzierung der Anzahl der Insolvenzverwalter, als auch über eine Senkung der Zahl der Insolvenzgerichte diskutiert. Beide Ansätze seien im Grundsatz richtig und verdienen es, weiter verfolgt zu werden, so Hirte.
Bei der Anhörung war auch der Gesetzentwurf des Bundesrates ( 16/7251) Thema. Die Länderkammer möchte, dass die Aufgaben der Gerichte und Verwalter genauer definiert und die Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle des Insolvenzverwalters verbessert werden.