Für Patrick Meinhardt ist dies ein besonderer Tag. Am Morgen hat er zum ersten Mal die christliche Morgenfeier im Andachtsraum des Reichstagsgebäudes geleitet, die dort jeden Mittwoch und Donnerstag in Sitzungswochen stattfindet und für alle offen ist, die im Bundestag arbeiten.
"Mir ist wichtig, dass auch ein liberaler Abgeordneter Morgenandachten im Bundestag hält", sagt der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion. Und fügt stolz hinzu, dass der Raum fast bis auf den letzten Platz besetzt gewesen sei.
Sein Glaube ist dem jugendlich wirkenden 41-Jährigen, der schon als Kind entweder Bundestagsabgeordneter oder evangelischer Pfarrer werden wollte und nach dem Abitur in Heidelberg Theologie zu studieren begann, sehr wichtig. Und man kann sich ihn wirklich gut auf der Kanzel und als Seelsorger vorstellen: Eloquent ist er, traditionsbewusst, doch abgehoben wirkt er nicht, ist eher der Typ, mit dem man über alles reden kann.
Doch es kommt anders. Als seine Großmutter, bei der er in finanziell sehr bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist, schwer erkrankt, bricht der damals 24-Jährige sein Studium ab, um sie zu Hause zu pflegen. "Das war eine unendlich schwere Zeit, da mache ich gar keinen Hehl daraus", erinnert sich Meinhardt. "Aber mir war es sehr wichtig, dass sie sich bis zu ihrem Lebensende im Schoß der Familie geborgen fühlen konnte."
Als "eine wirkliche Lebensschule" bezeichnet der Baden-Badener, der für den Wahlkreis Karlsruhe-Land im Parlament sitzt, diese Zeit rückblickend. "Wenn man wie ich fünf Jahre lang jeden Tag mit dem Tod zu tun hatte, dann bekommt man eine ganz andere Beziehung zum Leben", erzählt er. "Ich bin zwar ein 'Workaholic', das bekommt mein Team hier - leider - auch jeden Tag zu spüren. Aber dennoch genieße ich jede Sekunde des Tages."
Sein Theologiestudium nimmt Meinhardt nach dem Tod der Großmutter nicht wieder auf. Stattdessen gründet er eine Nachhilfeschule - und verfolgt zielstrebig seinen anderen großen Kindheitstraum: Bundestagsabgeordneter zu werden.
Bereits zu Schulzeiten hatte er sich bei den Jungen Liberalen in Baden-Baden engagiert - nicht zuletzt aus Verehrung für den damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher. "Ohne Genscher weiß ich nicht, ob ich den Weg in die Parteipolitik und zu den Liberalen gefunden hätte", sagt er. "An ihm fasziniert mich, mit welchem ungeheuren Einsatz er internationale Friedensmissionen in die Wege geleitet hat. Unter ihm ist die FDP für mich die Friedenspartei geworden."
Nun, als junger Unternehmer, macht Meinhardt rasch Parteikarriere, ist unter anderem im Landesvorstand der FDP Baden-Württemberg für Bildungspolitik zuständig.
2005 dann, nach zwei vergeblichen Anläufen, der ersehnte Sprung in den Deutschen Bundestag. Auch hier kann er sich in der FDP-Fraktion gleich die Zuständigkeit für seinen Wunschbereich, die Bildungspolitik, sichern.
Außerdem übernimmt er den Vorsitz der Parlamentariergruppe Östliches Afrika - beides für einen "Newcomer" keine Selbstverständlichkeit. "Ich kann sagen, dass ich im Moment meinen Traumberuf lebe", sagt er mit einem verschmitzten Lächeln. "Sie sitzen einem wirklich glücklichen Menschen gegenüber, weil ich genau das machen darf, was ich mir für mein Leben erhofft habe."
Sein jüngster Coup, der Ende vergangenen Jahres auch in überregionalen Medien für einiges Aufsehen sorgte: Die Gründung einer Parlamentariergruppe für Alte Sprachen. "Die Latein- und Griechischlehrer sollen spüren, dass ihre Fächer durch die Politik nicht nur respektiert, sondern auch unterstützt werden", erklärt Meinhardt ihr Ziel. "Denn für uns ist eine humanistische Bildung eine wichtige Grundlage auch in der heutigen Zeit." 25 Abgeordnete hat Meinhardt bislang für seine Idee gewinnen können. Und verspricht: "Wir werden eine sehr rührige Kerntruppe werden." Das glaubt man ihm sofort.