Sicherheit
Eine Mauer soll Terroristen abhalten
Es hängt vom Blickwinkel ab, wie das "Bauwerk" zu bezeichnen ist: Während Palästinenser von "Apartheids-Mauer" sprechen, ist in Israel zumeist nur von dem "Zaun" die Rede. Beides ist nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch. Fest steht: Israel baut seit Juni 2002 eine Sperranlage. Sie soll der Sicherheit des Staates dienen, greift allerdings stark in den Alltag der Palästinenser ein.
Knackpunkt ist der Verlauf der Anlage, die auf gut 750 Kilometern als massiver Zaun mit Stacheldraht, Gräben, Überwachungskameras und Patrouillenstraßen durch das Land schneidet. In Ost-Jerusalem und um Kalkilija herum wurde sie als bis zu zehn Meter hohe Mauer gebaut. Mit 750 Kilometern Länge ist sie mehr als doppelt so lang wie die Grüne Linie, die als Waffenstillstandslinie des arabisch-israelischen Krieges von 1949 Israel vom palästinensischen Westjordanland trennt. Bislang galt diese als mögliche völkerrechtlich anerkannte Grenze zwischen dem Staat Israel und einem palästinensischen Staat.
Zunächst war die Anlage ein Projekt der letzten Regierung der Arbeitspartei unter Ehud Barak. Sie sollte entlang der Grünen Linie gebaut werden, um palästinensischen Selbstmordattentätern den Übertritt nach Israel zu verwehren. Nach dem Wahlsieg des rechtsgerichteten Likuds unter Ariel Scharon übernahm die neue Regierung die Idee. Sie veränderte die Route der Anlage so, dass die meisten jüdischen Siedlungen und weite Teile des israelisch besetzten Westjordanlandes auf der israelischen Seite davon liegen würden. Dies ist das große Problem für Palästinenser: Da die Sperranlage teilweise tief ins Westjordanland hineinschneidet, liegen Dörfer und landwirtschaftlich genutzte Flächen oft unerreichbar auf der israelischen Seite.
Die UN forderte im Juli 2004, "dass Israel den Bau der Mauer in dem besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich in Ost-Jerusalem und seiner Umgebung, beendet und rückgängig macht". Die israelische Regierung baute weiter. Mittlerweile ist die Sperranlage fast vollendet. Die Frage, inwiefern sie zum Rückgang der Selbstmord- anschläge beigetragen hat, bleibt bisher unbeantwortet. Experten gehen davon aus, dass das Bauwerk kein Hindernis für diejenigen sein wird, die entschlossen genug sind.
Der Autor ist freier Journalist und lebte von 2003 bis 2005 in Tel Aviv und Rahmallah.