LOBBYISMUS
Mehr Transparenz fordern Grüne und Rechnungshof, aber auch Verbandsvertreter
Der Bericht des Bundesrechungshofes hatte es "entlarvt": In Bundesministerien werden "in begrenztem, aber nicht unerheblichem Umfang" Mitarbeiter von privaten oder öffentlichen Unternehmen beschäftigt. Die Zahl dieser Lobbyisten, so heißt es in dem Bericht, lag in den Jahren 2004 bis 2006 zwischen 88 und 106. Was nun für die einen Grund zu Aufschrei und Empörung ist, gilt für andere als ganz normaler Vorgang. Schließlich sei es gang und gäbe, ja sogar dringend nötig, dass sich die Ministerien externer Mitarbeiter aus der Wirtschaft bedienen. Nur so sei die benötigte Sachkompetenz zu sichern, heißt es auf der einen Seite. Von einer unerlaubten Einflussnahme auf Gesetzgebungsverfahren warnen hingegen andere.
In diesem Spannungsfeld bewegte sich auch eine von der Deutschen Vereinigung für Parlamentsfragen am 22. April veranstaltete Podiumsdiskussion zum Thema: "Das Parlament - eine Bühne für Lobbyisten?" Beim Streit um den Einfluss von Interessenvertretern und Experten auf politische Entscheidungen wurde immer wieder der erwähnte Bericht des Bundesrechnungshofes ins Spiel gebracht. Thomas Leif, Chefreporter beim Fernsehen des Südwestrundfunks, räumte ein, dass der Bundesrechnungshof "keinen konkreten Verdacht auf Missbrauchsfälle" habe. Von einer kompletten Entwarnung zu sprechen, sei dennoch fehl am Platz, so Leif. Der Bericht warne vor einem erhöhten Risiko von Interessenskonflikten durch die "Leihbeamten". Leif zeichnete denn auch ein düsteres Bild des Lobbyismus. Fehlende Transparenz und ein verstärkter "Drehtüreffekt" - der schnelle Wechsel von aus dem Amt geschiedenen Politikern in Lobbyistenverbände - seien "nicht gut für die Glaubwürdigkeit politischer Prozesse". Bei den Lobbyisten der heutigen Zeit habe man es mit hochprofessionellen Experten zu tun, die in vielen Bereichen Parlamentariern und Ministerialbeamten überlegen seien.
Die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller, Cornelia Yzer, verteidigte den Lobbyismus. "Interessenvertretung ist legitim", sagte die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin und stellte klar: "Lobbyisten machen keine Politik." Stattdessen würden sie helfen, verschiedene Interessen miteinander zu verbinden und abzuwägen. Yzer plädierte für ein Höchstmaß an Transparenz. Das sei auch im Interesse der "guten" Lobbyisten.
Der Direktor der TUI AG, Wolf-Dieter Zumpfort, sagte, er könne keine Regelungsdefizite beim Einsatz von Lobbyisten erkennen. Seiner Ansicht nach ist der Lobbyismus "ein ganz normaler Job in einer parlamentarischen Demokratie".
Von einer "Bühne für Lobbyisten" könne keine Rede sein, sagte der Politik- und Medienberater Karl Jurka. Er sei "lieber Regisseur als Schauspieler" und halte sich im Hintergrund. Jurka räumte ein, am Hedgefonds-Gesetz mitgeschrieben zu haben: "Welcher Abgeordnete kennt sich schon mit Hedgefonds aus?"
Aus Sicht von Laurenz Meyer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion, braucht die Politik Lobbyisten als "vernünftige Ratgeber". Man dürfe nicht davon ausgehen, dass Politiker völlig ahnungslos seien und sich jeden Unsinn einreden ließen. Wenn die externen Mitarbeiter in den Ministerien als Folge der Diskussion abgezogen werden müssten, so Meyer, wäre das ein Verlust, "den ich bedauern würde".
Mehr Transparenz und die Umsetzung der Empfehlungen des Bundesrechnungshofes fordern die Grünen in einem Antrag ( 16/8762), der am 25. April in den Bundestag eingebracht wurde. Die derzeitige Praxis bei der Beschäftigung von Mitarbeitern aus Verbänden und Unternehmen in obersten Bundesbehörden müsse "unverzüglich" beendet werden.