REform
Was auf die Bürger bei der Pflegeversicherung zukommt
Mit dem Votum des Bundesrates vom 25. April kann die Reform der Pflegeversicherung wie geplant zum 1. Juli in Kraft treten. Neben den neuen Pflegestützpunkten erwartet die Bürger eine Reihe weiterer Änderungen. "Das Parlament" gibt im Folgenden einen Überblick.
Die Beitragssätze steigen um 0,25 Prozentpunkte. Wer Kinder hat, zahlt künftig 1,95 Prozent seines Bruttolohnes, für Kinderlose erhöht sich der Satz auf 2,2 Prozent. Das soll zu Einnahmeverbesserungen von jährlich 2,7 Milliarden Euro in der Pflegeversicherung führen und ihre Finanzierung bis zum Jahr 2015 sichern.
Die Leistungen für die ambulante Pflege werden stufenweise bis zum Jahr 2012 angehoben, und zwar in der Pflegestufe eins (90 Minuten Pflegebedarf pro Tag) auf 450 Euro monatlich, in der Pflegestufe zwei (drei Stunden) auf 1.100 Euro und in der Pflegestufe drei (fünf Stunden) auf 1.550 Euro. Bei der stationären Pflege soll die Stufe drei ebenfalls auf diesen Betrag steigen, in Härtefällen auf 1.918 Euro.
Spürbare Verbesserungen sind für Demenzkranke, psychisch Kranke und geistig behinderte Menschen vorgesehen. Diese erhalten jährlich zwischen 1.200 Euro und 2.400 Euro statt bisher 460 Euro. Neu ist, dass auch dann gezahlt wird, wenn die Betroffenen körperlich fit sind. Im Pflegeheim lebende Demente sollen von speziellen Betreuungskräften unterstützt werden. Diese müssen zusätzlich zum vorhandenen Personal eingestellt werden.
Die wohl gravierendste Änderung gibt es bei der Kontrolle von Pflegeheimen. Bis Ende 2010 soll jede Einrichtung mindestens ein Mal und von 2011 an jährlich vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen überprüft werden - und das in der Regel unangemeldet. An "gut sichtbarer Stelle, etwa im Eingangsbereich" sollen ab 2009 sowohl eine Zusammenfassung der Prüfergebnisse als auch eine Bewertung in Form einer Ampel oder nach Art von Hotels mit Sternen erfolgen. Pflegeeinrichtungen können eine Wiederholungsprüfung veranlassen, um zu zeigen, dass sie wesentliche Mängel abgestellt haben. Auch für ambulante Dienste gilt künftig eine Veröffentlichungspflicht für Prüfergebnisse.
Angestellte können einen zehntägigen Urlaub nehmen, um in aktuten Fällen Pflege für Angehörige zu organisieren. Dieser wird, anders als zunächst geplant, unbezahlt sein.
Das gilt auch für die neue Pflegezeit. Bis zu sechs Monate können sich Angehörige von der Arbeit freistellen lassen, wobei die Sozialversicherungsbeiträge weitergezahlt werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Pflegezeit ist, dass das Unternehmen mehr als 15 Beschäftigte hat.
Alte Menschen, die in Haus- oder Wohngemeinschaften leben, dürfen künftig ihre Betreuungsleistungen der Pflegeversicherung zusammenlegen. Dies soll bei der ambulanten Pflege Zeit sparen und die Betreuung der einzelnen Bedürftigen verbessern.
In Modellprojekten wird die Einführung der in der DDR üblichen Betreuung durch Gemeindeschwestern getestet. Die "Gemeindeschwester AGnES", so der Name des Projektes, erlaubt es, dass qualifizierte Gemeindeschwestern bestimmte Aufgaben von Hausärzten übernehemen. Vor allem soll dies Menschen helfen, die in ländlichen Gebieten in Ostdeutschland leben, in denen oftmals Hausärzte fehlen.