Aufarbeitung
Der Völkermord in Ruanda
Dieses Buch ist den Toten des unfassbarsten Verbrechens des ausgehenden 20. Jahrhunderts gewidmet: "Den Ruandern, die ihrem Schicksal überlassen zu Hunderttausenden abgeschlachtet wurden. Den 15 tapferen UN-Soldaten unter meinem Kommando, die im Dienste für Frieden und Menschlichkeit ihr Leben ließen." Und dieses Buch ist eine Aufarbeitung - von persönlichem Versagen und vor allem dem Versagen der so oft beschworenen Weltgemeinschaft. Roméo Dallaire, ehemaliger Generalleutnant der kandischen Armee, befeh- ligte in den Jahren 1993/94 jenes Blauhelm-Kontigent der Vereinten Nationen in Ruanda, das den unsicheren Frieden zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi überwachen sollte. Zehn Jahre später hat er seine Erlebnisse während des "afrikanischen Holocausts", wie der Völkermord an den Tutsi und missliebigen Oppositionellen heute genannt wird, in seinem Buch aufgearbeitet.
Im Jahr 2003 erschien sein Buch in Deutschland erstmals im Verlag Zweitausendeins. Doch der Verlag vertreibt seine Produkte nur über den Versandhandel und eigene Verkaufsstellen. Jetzt hat der Verlag zu Klampen das erschütternde Werk in einer Lizensausgabe in den Buchhandel gebracht. Eine Entscheidung, für die man beiden Verlagen danken muss. Innerhalb kürzester Zeit stürmte der Titel auf Platz vier der Sachbuchbestenliste. Verwundern darf das nicht. Zwischen 800.000 und einer Million Menschen wurden damals innerhalb von nur drei Monaten abgeschlachtet. Mindestens 10.000 Menschen, so rechnet es der Journalist und Afrika-Experte Dominic Johnson in seinem Nachwort vor.
Dallaire hat ohne Übertreibung einen Blick in die Hölle geworfen. Der Buchtitel "Handschag mit dem Teufel" ist keine Effektheischerei. Mehrfach hatte der Kanadier beim Hauptquartier der UNO um mehr Soldaten gebettelt, sich für eine Intervention eingesetzt, um dem Grauen ein Ende zu machen. Vergebens. Die Welt schaute weg. Über 30.000 Menschenleben konnten Dallier und seine Blauhelme dennoch retten.
Über Jahre weigerte Dallier sich trotz Aufforderungen von Freunden, Kollgen und Familie, seine Erlebnisse aufzuschreiben. Zu elend, angewidert, entsetzt und verstört habe er sich gefühlt. Dass und wie er es dennoch getan hat, ist bewunderswert. Nur wenige Bücher taugen als Pflichtlektüre. Dieses tut es.
Handschlag mit dem Teufel. Die Mitschuld der Wetgemeinschaft am Völkermord in Ruanda.
Zu Klampen Verlag, Springe 2008; 651 S., 24,80 ¤