VERMARKTUNG
Manager Ralf Grengel über den Weg zum Star
Mit welchen Instrumenten macht ein Vermarkter aus dem Sportler einen Star?
Das wichtigste Instrument ist der Sportler selbst und natürlich sein sportlicher Erfolg. Darauf baut sich alles auf. Ohne sportlichen Erfolg keine Bekanntheit, keine Beliebtheit und auch keine erfolgreiche Vermarktung. So einfach ist das.
Dennoch gibt es Unterschiede beim Vermarktungspotenzial auch bei erfolgreichen Sportlern…
Ja, denn sportlicher Erfolg allein reicht eben auch nicht, um mit Werbepartnern viel Geld zu verdienen.
Was braucht es denn noch?
Ausstrahlung, Charisma und Authentizität. Nehmen Sie Magdalena Neuner. Sie kam, lief und siegte sich in die Herzen der Biathlonzuschauer. Freundlich, unbekümmert und trotzdem bodenständig ist sie ein Glücksfall für ihren Vermarkter. Sie hat ein ganz anderes Naturell als etwa ihre Kollegin Andrea Henkel, die zwar sportlich ebenfalls zu überzeugen weiß, aber in Interviews für viele eher spröde wirkt. Neuner begeistert die Leute, wird deshalb von den Medien nahezu gehypt. Das führt dazu, dass bei ihr die Unternehmen von selbst anklopfen, während bei der Vermarktung von Henkel Klinken geputzt werden müssen.
Sie sind ja unter anderem der Manager von der Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein. Hat Ihnen bei deren Vermarktung auch der so genannte Zickenkrieg mit Anni Friesinger in die Hände gespielt?
Sicherlich. Vor allem weil die Öffentlichkeit bei Olympia 2002 in Salt Lake City Pechstein als Siegerin empfunden hat. Die Randsportart Eisschnelllaufen hat durch dieses Duell eine Aufmerksamkeit erfahren wie nie zuvor. Eine solche, besondere Situation gilt es in der Vermarktung zu nutzen. Man muss dann versuchen, auch die Zielgruppen zu erreichen, die sich nicht unbedingt fürs Eisschnelllaufen interessieren. Das gelingt vor allem durch schicke Fotoshootings für Illustrierte und durch Fernsehauftritte fernab der Sportformate.
Wie läuft das? Gehen Sie auf die Fernsehstationen zu und sagen: Wollt ihr nicht mal Claudia Pechstein in eure Abendshow einladen?
Bei Claudia war das nach Salt Lake City eher ein Selbstläufer, sie ist mittlerweile ein gerne gesehener Gast in TV-Unterhaltungssendungen. Durch ihren sportlichen Erfolg und ihr charmantes Auftreten hat sie uns, um in der Sportlersprache zu bleiben, den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt und wir mussten ihn nur noch verwandeln.
Wie wichtig ist gutes Aussehen bei der Vermarktung?
Schaden kann es sicherlich nicht. Bei den von uns vertretenen Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig und Sara Goller haben wir sofort das optische Potenzial gesehen. Unser Agenturfotograf hat nach dem ersten Shooting sogar gemutmaßt, wir hätten sie gecastet. Bei Laura und Sara gibt es die wunderbare Fügung, dass sie 100-prozentig ihren sportlichen Weg machen werden und von der Ausstrahlung und Optik alles mitbringen, um auch in einer Randsportart optimal vermarktet werden zu können.
Sie betreuen mit Graciano Rocchigiani auch einen ehemaligen Boxer, der mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Wie passt das zusammen?
Rocky ist ein charismatischer Typ mit einem unverwechselbaren Gesicht. Er hat einen unglaublich hohen Bekanntheitsgrad und ist bei den Leuten viel beliebter als man durch manche negative Berichterstattung vielleicht glauben mag. Dank seines Images als Rauhbein und Naturbursche ist er ein idealer Werbeträger für das Outdoorlabel Yeti.
Wie kann man angesichts begrenzter Werbeetats der Unternehmen Vermarktungsgelder für Einzelsportler generieren?
Der gängige Weg ist es, pünktlich auf der Matte zu stehen und zu hoffen, auch für die eigenen Sportler ein Stückchen des Kuchens zu bekommen. Das Problem ist hier, dass der Kuchen dadurch nicht größer wird. Bestenfalls wird er in mehrere Stückchen geteilt, die dann aber zwangsläufig kleiner ausfallen. Von daher ist der beste Weg, Unternehmen dafür zu begeistern, sich erstmalig im Sportsponsoring zu engagieren. Das schafft ganz andere Möglichkeiten der Partnerschaft zwischen Athlet, Sponsor und Vermarkter.
Betreuen heißt auch beraten. Würden Sie einem Sportler aus Vermarktungsgründen empfehlen, sich Pro oder Contra zu einem Olympiaboykott zu äußern?
Ich würde mit ihm diskutieren und Argumente austauschen. Entscheiden muss der Athlet allerdings immer selbst. Hier gilt das Gleiche wie in der Vermarktung: Wenn man sich verbiegt und Dinge vertreten soll oder muss, die nicht von innen kommen, dann geht das schief. Gerade in einem Fernsehinterview merken die Leute, ob der Sportler authentisch ist oder nicht. Ob er überzeugt ist von dem was er sagt, oder ob er rumdruckst und versucht etwas zu verkaufen, was er sich vorher zurechtgelegt hat.
Weil da die Glaubwürdigkeit leidet?
Ja, das ist das Problem. Und wer nicht glaubwürdig ist, dem nimmt der Betrachter auch seine Botschaft nicht ab. Das ist im Sport nicht anders als in der Politik.
Das Interview führte Götz Hausding.
Sportmanager Ralf Grengel