Das Bonner Bundestagsgebäude glich bereits Tage vor der Verabschiedung der Notstandsgesetze am 30. Mai 1968 eher einer Festung. Aus Sorge vor heftigem Widerstand und Demonstrationen gegen die Pläne der großen Koalition von CDU/CSU und SPD waren zahlreiche Einheiten der Bereitschaftspolizei mit Absperrgittern und Wasserwerfern bereitgestellt worden. Die erwarteten Proteste vor dem Parlament blieben aber aus. In zahlreichen anderen Universitätsstädten kam es jedoch zu Blockaden, Besetzungen und Demonstrationen.
Nach knapp vierstündiger Plenardebatte beschloss das deutsche Parlament gegen die Stimmen der FDP und gegen 53 Stimmen des Koalitionspartners SPD insgesamt sechs Notstandsgesetze. Bei der Sitzung kam es zu heftigen Kontroversen zwischen den Freien Demokraten und den Koalitionsparteien CDU und SPD.
Beim Abhörgesetz kritisierte die oppositionelle FDP insbesondere den Ausschluss des Rechtsweges.
Vor allem der liberale Abgeordnete Hans-Dietrich Genscher - später Bundesminister des Inneren und danach Außenminister - war es, der sich vehement gegen die Absicht der schwarz- roten Regierungsparteien bei Post- und Telefonkontrollen wandte. So war im Gesetzentwurf auch für zu Unrecht überwachte Bürger die Möglichkeit gestrichen, gegen die staatlichen Maßnahmen gerichtlich vorzugehen. "Dass alle rechtsstaalichen Garantien entfallen, entbehrt jeder Logik der Gesetzgebung", sagte Genscher. Gerhard Reischl (SPD) widersprach dieser Auslegung. Die gewonnenen Informationen dürften nur zum Schutz der Verfassung, darüber hinaus jedoch nicht gegen die überwachten Personen verwendet werden.
Nach der Verabschiedung des so genannten "Abhörgesetzes" waren die Verfassungsbehörden und der Bundesnachrichtendienst berechtigt, Postsendungen zu öffnen, Telefongespräche abzuhören und diese auf Tonband aufzunehmen. Das kommentierte der liberale Abgeordnete Hermann Busse mit den Worten: "Hier beginnt der erste Schritt auf einem Weg, von dem man nicht weiß, wo er endet." Auch hier war es wiederum Reischl, der die Ansicht der Hardliner vertrat, wonach eine gerichtliche Kontrolle in Fällen der tatsächlichen Bedrohung der Bundesrepublik "eine reine Farce" sei.
Mit der Verabschiedung der so genannten "Notstandsgesetze" änderte sich das Grundgesetz zum 17. Mal seit der Erstfassung vom 23. Mai 1949. Dem Verfassungstext wurde eine Notstandsverfassung beigefügt, um die Handlungsspielräume der Staatsorgane im Falle einer Krisensituation zu erweitern und eine Einschränkung der Grundrechte zu ermöglichen.