Fernsehen
Mehr Bundestagsdebatten bei ARD und ZDF
Während der Bundestag am 25. Januar 2008 in einer Feierstunde der Opfer des Nationalsozialismus gedachte, kümmerte sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen um ganz andere Dinge: Alice schafft es in Folge 277 der Telenovela "Rote Rosen" (ARD) endlich über ihren Vater zu sprechen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte auch schon länger Gesprächsbedarf. Seit Jahren war ihm und anderen Parlamentariern ein Dorn im Auge, dass wichtige Debatten und Gedenkstunden des Parlaments nicht mehr im ersten und zweiten Fernsehprogramm gezeigt, sondern ausschließlich beim poltischen Spartenkanal Phoenix gesendet wurden. Und auch hier wurde die aktuelle Live-Berichterstattung aus dem Plenum immer wieder unterbrochen, um aktuelle Pressekonferenzen ins Programm zu nehmen.
Auch im Ältestenrat des Bundestags wurde die Berichterstattung von vielen Abgeordneten immer wieder als "unzureichend" kritisiert. Ihr Argument: die Parlamentsberichterstattung sei Teil des gebührenfinanzierten Grundversorgungsauftrages der öffentlich-rechtlichen Sender. Bundestagspräsident Lammert führte daraufhin einige Monate intensive Unterredungen mit den Vertretern von ARD und ZDF.
Nach Gesprächen zwischen der Intendantin des WDR, Monika Piehl, und ZDF-Intendant Markus Schächter sicherten beide dem Bundestagspräsidenten in der vergangenen Woche, "noch umfassendere Übertragungen aus dem Deutschen Bundestag auf Phoenix" zu. Im Klartext bedeutet dies, dass der Sender nach Ende der parlamentarischen Sommerpause im September in Sitzungswochen donnerstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr live aus dem Plenum übertragen wird. Debatten nach 20.00 Uhr werden in einer Zusammenfassung gesendet. Freitags soll "wie bisher" gesendet werden. Mittwochs soll die Regierungsbefragung und die jeweilige Aktuelle Stunde im Programm laufen.
Damit der Zuschauer der Fragestunde besser folgen kann, soll der amtierende Präsident dabei die jeweilige Frage verlesen. Inwieweit künftig Ausschüsse und öffentlichen Anhörungen des Parlaments von Phoenix übertragen werden, wird nicht erläutert. Bundestagspräsident Lammert zeigte sich über das Übereinkommen zufrieden und erklärte, dass der Bundestag durch die Entscheidung in die Lage versetzt werde, "auf eine eigene bundesweite Ausstrahlung des Parlamentsfernsehens verzichten zu können." ZDF-Intendant Schächter kündigte an, bei ARD und ZDF eine mit Phoenix "noch besser verzahnte Highlight-Berichterstattung zu pflegen". Bis 2009 soll die Vereinbarung zunächst in einer Testphase laufen.