Dienstagmittag: In den Büroräumen von Maria Flachsbarth herrscht gespannte Geschäftigkeit, auf dem runden Besprechungstisch liegt ein dicker Stapel Unterlagen zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Am Freitag ist es zwar im Bundestag beschlossen worden, doch dass es tatsächlich dazu kam, war nicht immer garantiert. Zwar hat sich in einer neunstündigen Marathonsitzung in der Woche zuvor eine Arbeitsgruppe aus SPD- und Unionsabgeordneten auf neue Fördersätze für erneuerbare Energien zur Stromgewinnung geeinigt, die teilweise sogar die Vorstellungen des Bundesumweltministers übertreffen.
Doch längst nicht alle Unionsabgeordneten sind mit diesem Ergebnis einverstanden. Vor allem der Wirtschaftsflügel der Fraktion fürchtet neue Belastungen für die Verbraucher. Als Berichterstatterin der Unionsfraktion für erneuerbare Energien im Umweltausschuss ist es an Maria Flachsbarth, in der Fraktionssitzung am Nachmittag auch die Skeptiker in den eigenen Reihen für den Gesetzentwurf zu gewinnen. Denn nur dann hat er eine Chance, am Freitag im Bundestag verabschiedet zu werden.
Keine leichte Aufgabe für die Abgeordnete des Wahlkreises Hannover-Land II, der die Anspannung deutlich anzumerken ist. "Wir müssen uns die Frage stellen, was es angesichts von Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit noch geben kann außer fossilen Primärenergieträgern", erklärt sie.
"Da ist ganz sicher ein deutlicher Zuwachs an erneuerbaren Energien zu nennen. Darauf haben wir uns im Koalitionsvertrag geeinigt und das steht in verschiedenen Grundsatzpapieren der Union. Ich halte es aber auch für absolut notwendig, sichere Kernkraftwerke länger laufen zu lassen. Auch das gehört zum Energiemix der Union."
Dass sie sich mit dieser Position fraktionsintern durchsetzen kann, traut man der 45-Jährigen mit den streng gescheitelten halblangen braunen Haaren durchaus zu. Energisch wirkt sie, bodenständig und zielstrebig - eine dieser Frauen, die das Selbstbild der Union gehörig durcheinander wirbeln. Das verbindet sie mit ihrer Parteikollegin Ursula von der Leyen - beide stammen übrigens aus demselben CDU-Kreisverband. Mit der Bundesfamilienministerin versteht sich die Umweltexpertin nicht nur persönlich gut. Sie teilt auch deren familienpolitischen Ziele. Um diese mit vorantreiben zu helfen, sitzt Flachsbarth seit dieser Legislaturperiode als stellvertretendes Mitglied im Familienausschuss.
Schließlich weiß die Mutter zweier Söhne aus eigener Erfahrung, wie schwierig Job und Familie für viele Frauen zu vereinbaren sind. Sie selbst hat - nach Studium, Promotion und wissenschaftlicher Tätigkeit am Anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule Hannover - noch ganz klassisch eine mehrjährige Babypause eingelegt. Stieg dann wieder ins Berufsleben ein, erst als Assistentin des Rektors der Tierärztlichen Hochschule, später als Leiterin der Pressestelle. Heute übrigens lebt sie ein sehr modernes Familienmodell: Seit ihrem Einzug in den Bundestag im Herbst 2002 bleibt ihr Mann zu Hause und kümmert sich um Haushalt und Kinder.
Erfahrungen in der Politik hatte die Tochter eines Landarztes bis dahin vor allem beruflich in der Hochschulpolitik und ehrenamtlich auf kommunalpolitischer Ebene gemacht. So hatte sie als Beisitzerin im Stadtverbandsvorstand Wunstorf eine Bürgerinitiative begleitet, die ein Jugendheim bauen und als Verein betreiben wollte. "In der örtlichen CDU wurde dieses Projekt sehr kritisch gesehen", erinnert sie sich. "Doch ich fand es toll, weil es sehr kreativ war und den Jugendlichen viel Gestaltungsspielraum gab." Das Jugendheim gibt es heute noch, erzählt sie stolz. Und dass sie damals gelernt habe, dass "man was bewegen kann, wenn man sich einsetzt".
Eine Erfahrung, die sich an diesem Dienstag einmal mehr bestätigen wird: In der Fraktionssitzung am Nachmittag gelingt es ihr gemeinsam mit der Kanzlerin, ihre Kollegen von dem mit dem Koalitionspartner ausgehandelten Kompromiss zum EEG zu überzeugen. Der Abstimmung am Freitag im Plenum steht nun nichts mehr im Wege.