Düsseldorf
In der Landeshauptstadt geht es um das Amt des Oberbürgermeisters. Die Wahl ist ein wichtiger Stimmungstest
Wenn Ende August in Düsseldorf der neue Oberbürgermeister gewählt wird, stehen nicht nur zwei Personen zur Wahl. Der Urnengang in der Landeshauptstadt ist der erste große Stimmungstest vor der Kommunalwahl im bevölkerungsreichsten Bundesland im kommenden Jahr und der erste, der nach der neuen Gemeindeordnung stattfindet: Die Stichwahl entfällt, und eine einfache Mehrheit genügt, um in das Amt des Stadtoberhauptes gewählt zu werden.
Eigentlich würden die Düsseldorfer Bürger auch erst im kommenden Juni ihr Kreuzchen machen - aber der Tod des langjährigen Oberbürgermeisters Joachim Erwin (CDU) macht die frühe Wahl nötig. In Windeseile haben CDU und SPD ihre Kandidaten benennen müssen - und beide wollen an dem Erbe Erwins nur wenig rühren. Denn der Christdemokrat zog mit seinen markigen Sprüchen - auch gegen die eigene Partei - alle Aufmerksamkeit auf sich, pendelte zwischen Fernsehtalkrunden und zahlreichen Interviews hin und her. Mit ihm verstarb auch einer der bekanntesten Lokalpolitiker der Bundesrepublik.
Das ist die Chance für Dirk Elbers, den CDU-Kandidaten. Obwohl die SPD jahrzehntelang die Landeshauptstadt regierte, hatten die Genossen bei den vergangenen beiden Urnengängen keine Chance. Erwins Bekanntheit war übermächtig. Kein Wunder also, dass sein designierter Nachfolger im Schatten von Erwin steht und ihm in allen Dingen nacheifert. Elbers bezeichnet seinen früheren Chef als "spiritus rector", vor dem er sich gerne verneige. Auch er möchte "so bald wie möglich" kostenlose Kindergartenplätze anbieten. Und wie Erwin will er die Gewerbesteuer um fünf Punkte senken. Er zählt die Wirtschaftspolitik zu seinen Schwerpunkten, macht Wahlkampf bei den Industrie- und Handelskammern und trinkt ein Bier im Industrie-Club. Auch Elbers versteht sich als eine Art Außenminister Düsseldorfs und erklärte in seiner Wahlkampfrede die wirtschaftlichen Beziehungen zu Moskau und Japan für existentiell.
In verblüffend vielen Punkten jedoch sind Elbers und seine Herausforderin von der SPD, die Bundestagsabgeordnete Karin Kortmann, einer Meinung: Existenzgründer müssten unterstützt werden, Düsseldorf habe einen hervorragenden Branchenmix und müsse sich bei der Expo in Shanghai präsentieren, für alle Schichten sei Wohnraum nötig, weitere städtische Töchter dürften nicht verkauft werden.
Denn auch Kortmann will zumindest sprachlich keine große Abkehr von Erwin postulieren. "Düsseldorf wird nicht nach der Farbenlehre regiert", und beteuert: "Ich mag das alte Links-Rechts-Schema nicht." Vielleicht auch deswegen, weil sie selbst immer in die Schublade der Linken gesteckt wird: Sie ist in der Entwicklungshilfe aktiv und Sprecherin des Grundwertekomitees des Zentralrates der Katholiken in Deutschland. Bislang war sie als parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unter Ministerin Heidemarie Wieczorel-Zeul beschäftigt - auch eine ausgewiesen linke Sozialdemokratin.
Doch in der Landeshauptstadt ist dieses Etikett wenig hilfreich. Düsseldorf gilt als boomende Stadt, die ihre Schuldenfreiheit bundesweit feiern ließ und die immer noch mit der feinen Königsallee assoziiert wird. Trotzdem finden sich in der Wirtschaftspolitik die größten Unterschiede der beiden Kandidaten: "Ich lasse mich von einer sozialen und nachhaltigen Stadtpolitik leiten", sagt Kortmann. Der reine Wirtschaftsliberalismus sei der falsche Weg. Kortmann möchte die Teile der Stadtwerke zurückkaufen, die Erwin verkauft hat, außerdem möchte sie regenerative Energien fördern. Elbers hingegen beharrt darauf, dass sich die Politik aus der Wirtschaft zurückziehen sollte - auch aus den Stadtwerken.
Elbers fährt allein auf dem Ticket der CDU - Kortmann hingegen hat sich der Unterstützung der Grünen versichert. "Düsseldorf ist ein Beispiel für eine gelungene politische Vereinbarung", sagt die Grünen-Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger. Mit dem Verzicht auf den Neubau eines Kohlekraftwerks und der Wertschätzung der arbeitsmarktpolitischen Bedeutung erneuerbarer Energien trage Kortmann einen grünen Stempel, sagt sie.
Die Landeshauptstadt nimmt eine Sonderrolle ein: In anderen Kommunen wie in Münster sind Gespräche über gemeinsame Kandidaten gescheitert. Dabei trifft das neue Wahlrecht mit der einfachen Mehrheit CDU und SPD umso härter, wenn ihnen die kleinen Parteien mit eigenen Kandidaten wichtige Stimmen abjagen. Dennoch haben CDU und FDP, auf Landesebene in der Regierungskoalition, es an Rhein und Ruhr erst gar nicht versucht, gemeinsame Spitzenkandidaten zu nominieren.
Dabei hat gerade die CDU viel zu verteidigen. Bei der jünsten Kommunalwahl im Herbst 2004 hat die Partei ihre Vormachtstellung in den Städten und Gemeinden trotz deutlicher Verluste behauptet und kam landesweit auf 43,4 Prozent der Stimmen. Die SPD fuhr schwache 31,7 Prozent ein. Diesmal ist noch nicht einmal der Wahltag sicher: Der Landtag muss die umstrittene Verlegung der Kommunalwahl vom Herbst auf den Tag der Europawahl am 7. Juni 2009 noch beschließen. Sollte die schwarz-gelbe Regierunsgkoalition mit der Vorverlegung durchkommen, fällt mit dem Urnengang in Düsseldorf auch der Startschuss für den Wahlkampf um die Macht in den Städten an Rhein und Ruhr.