Soziales
Arme Menschen sind seltener politisch aktiv
An den Mitgliedsbeiträgen liegt es jedenfalls nicht, dass den großen Volksparteien die Mitglieder weglaufen. Mindestbeiträge von 2,50 Euro bei der SPD und 5 Euro bei der CDU seien zu gering, um hierfür den Ausschlag zu geben, schreibt die Bundesregierung im nun auch dem Parlament vorliegenden Dritten Armuts- und Reichtumsbericht ( 16/9915). Da es darin jedoch nicht um Ursachenforschung der Politikverdrossenheit geht, konzentriert sich die Regierung auf die Darstellung von Fakten.
Und die sind in diesem Zusammenhang durchaus interessant. Denn: Je niedriger das Einkommen und der Bildungsgrad, desto geringer ist das politische und bürgerschaftliche Engagement. Dabei geht die Schere bereits beim reinen Interesse auseinander: So würde sich die Mehrheit der Bevölkerung (64 Prozent) kaum für Politik interessieren, Akademiker zeigten aber deutlich mehr Interesse (54 Prozent) als Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen (31 Prozent), heißt es in dem Papier.
Auch bei Parteimitgliedschaften offenbaren sich deutliche Unterschiede. Der Anteil der Mitglieder in Parteien ist unter Menschen mit hohem Armutsrisiko mit 1,9 Prozent nur halb so hoch wie unter denen, deren Einkommen über der Armutsrisikogrenze liegt (3,8 Prozent). Anhand der Parteimitgliedschaften, schreibt die Regierung, lasse sich feststellen, dass insbesondere Angehörige oberer Einkommensgruppen auf diesem Wege am politischen Leben teilhaben. Aus den Daten geht ferner hervor, dass der Anteil der Mitglieder mit niedrigen Einkommen seit 2004 zurückgegangen ist (von 2,2 bis 2,7 Prozent im Jahr 2000 auf 1,8 bis 2,4 im Jahr 2004). Geringes Einkommen und niedriger sozialer Status könnten als Zugangsbarriere zu politischen Parteien wirken, so die Vermutung. Aber auch "Mechanismen des Selbstausschlusses" könnten ein Grund sein, "weil sich die Betroffenen ein Engagement nicht zutrauen".
Auch das soziale, kulturelle und bürgerschaftliche Engagement hängt von den Faktoren Einkommen und Bildung ab. Das zeige sich bereits bei den Kindern, so der Bericht. 73 Prozent der Kinder in Deutschland seien regelmäßig in einem Verein, einer Musikschule oder sonstigen Gruppe aktiv. Von Kindern aus der "untersten Herkunftsschicht" treffe dies aber nur auf 47 Prozent zu. "Je gehobener die Schicht, desto größer ist der Anteil der aktiven Kinder - in der obersten Schicht liegt er bei 89 Prozent." Die Bundesregierung kündigte derweil in einer Antwort ( 16/9999) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion ( 16/9880) an, die Regelsätze für das Arbeitlosengeld II und die Sozialhilfe zu überprüfen, sobald der Ergebnisse der derzeit durchgeführten Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen.