VON BERNARD BODE
Wenn die Amerikaner am 4. November den Nachfolger von George W. Bush wählen, wird ein neues Kapitel in der Geschichte der USA aufgeschlagen. Bereits jetzt wirkt der noch amtierende Präsident Bush wie ein Relikt vergangener Tage. Acht Jahre hat er vom Oval Office aus die USA regiert - und weltpolitische Weichen gestellt. Wem die Amerikaner in wenigen Wochen ihr Vertrauen aussprechen werden, weiß bislang wohl noch nicht einmal das Orakel von Washington.
Eines aber ist sicher: Bush hinterlässt ein zutiefst verunsichertes, fast gespaltenes Land. Ein Land, das seine Ziele und seinen Kompass neu auszurichten versucht: Beim Kampf gegen den Terror kann sich die Weltmacht bislang nicht als Sieger sehen - trotz aller Erfolge. Allein der Krieg im Irak hat mehr als 4.400 US-Soldaten das Leben gekostet, Schätzungen gegen von weit über 150.000 getöteten Zivilisten aus. In den USA selber wächst die Gefahr einer Rezession - die Krise auf dem Immobilienmarkt und weiter steigende Bezinpreise gelten mancherorts als Menetekel. Die Neujustierung der Beziehung zu den Verbündeten ist eine weitere wichtige Herausforderung, vor denen die USA stehen.
In Europa, aber besonders auch in Deutschland, waren die transatlantischen Beziehungen, auch unter dem Eindruck des Irakkrieges, Belastungen ausgesetzt. Doch sowohl auf Regierungs- als auch auf parlamentarischer Ebene haben die bilateralen Beziehungen wieder Fahrt aufgenommen. Gerade in Deutschland verbinden viele Menschen, nicht nur der Kriegs- und Nachkriegs-, sondern auch der jüngeren Generation viele persönliche Erinnerungen und Beziehungen mit den Vereinigten Staaten. Wenn die Amerikaner wählen, wird in gewisser Weise auch ein Stück für uns mitgewählt. Denn wir wissen, dass die Stimme Amerikas immer auch für unsere Zukunft entscheidend ist.
In der vorliegenden Themenausgabe zu den Wahlen in den USA möchte Das Parlament Ihnen daher näherbringen, warum in den Vereinigten Staaten wie gewählt werden könnte. Wir stellen Ihnen das Wahlsystem und die Kandidaten vor. Im Interview mit der demokratischen Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi und dem republikanischen Abgeordneten Jeff Sessions werden verschiedene Positionen von Demokraten und Republikanern vorgestellt.
Daneben zeigt die Ausgabe auf, welche politischen Themen, ob in der Wirtschafts- oder in der Energiepolitik oder auch in der Frage der Einwanderungspolitik, beim Einzug ins Weiße Haus entscheidend sein könnten.
Weiterer Themenschwerpunkt sind die vielseitigen deutsch-amerikanischen Verflechtungen. Sie zeigen - bei allen Unterschieden, die zwischen Deutschen und Amerikanern bestehen -, dass die Wahl in den USA eben nicht mehr nur eine Sache der Amerikaner ist. Welches neue Kapitel der amerikanischen Geschichte dabei aufgeschlagen wird, entscheiden allerdings die Amerikaner ganz alleine.