TZIPI LIVNI
Die neue Kadima-Chefin steht vor großen Herausforderungen
Die neue Kadima-Vorsitzende Tzipi Livni ist Israels neue Hoffnungsträgerin. Nach ihrem knappen Sieg bei den Wahlen zum Parteivorsitz der wichtigsten Regierungspartei hat die 50-Jährige Politikerin es nun eilig, möglichst bald eine neue Koalition zu schmieden.
Sollte ihr dies in den nächsten Wochen gelingen, würde die bisherige Außenpolitikerin zur zweiten Regierungschefin Israels seit Golda Meir aufsteigen. "Die nationale Verantwortung bringt mich dazu, mich dieser Aufgabe mit großer Ehrfurcht zu nähern", sagte Livni nach ihrem Abstimmungssieg am 18. September.
"Ihre erste Priorität muss sein, die Partei zu ,de-olmertisieren' und die Regierung von Fäulnis und Korruption zu säubern", formulierte die israelische Zeitung "Haaretz" die großen Erwartungen an Livni. Die gelernte Juristin steht für eine andere Politik in Israel.
Sie gilt als ehrliche, besonnene und glaubhafte Pragmatikerin und stellte in den Augen vieler Israelis ihre Unbestechlichkeit unter Beweis, als sie nach der schweren Kritik an der Kriegsführung von Ministerpräsident Ehud Olmert im Libanon-Krieg im Sommer 2006 bereits dessen Rücktritt forderte.
Livnis Sieg bei den Wahlen für den Kadima-Vorsitz war mit 43,1 Prozent der Stimmen deutlich knapper ausgefallen, als Umfragen angesichts der Popularität von Livni in der Bevölkerung erwarten ließen. Ihr innerparteilicher Hauptrivale, Transportminister Schaul Mofas, erreichte 42 Prozent der Stimmen und lag damit nur 431 Stimmen hinter der neuen Parteichefin.
Die Kadima-Wahl war nötig geworden, weil gegen Olmert, den bisherigen Parteivorsitzenden und Regierungschef, sechs Ermittlungsverfahren wegen Korruption und Bestechung laufen. Er wird nun voraussichtlich nach dem jüdischen Neujahrfest am 2. Oktober den Rücktritt seiner Regierung einreichen, bleibt aber zunächst geschäftsführend im Amt.
Sollte es Livni danach in 42 Tagen nicht gelingen, eine neue Koalition zu schmieden, müsste es in Israel bis spätestens Ende März 2009 zu Neuwahlen kommen. Dies dürfte das Land in eine Phase großer Unsicherheit stürzen und für die ohnehin stockenden Gespräche über eine Lösung des Nahost-Konflikts mit den Palästinensern einen völligen Stillstand bedeuten.
"Livni hat keine Zeit", warnte die Zeitung "Haaretz". Sie könnte sich als neue Ministerpräsidentin schon bald in der Führung eines Staates im Krieg wiederfinden. "Die Feinde Iran, die Hisbollah, Hamas - könnten versuchen aus ihrer Unerfahrenheit, Vorteil zu ziehen."