Der Deutsche Bundestag wird gerne mit einer kleinen Stadt verglichen: Wie eine solche hat er mehr als 6.000 Einwohner, eine Bibliothek und ein Archiv. Die Verpflegung für die Bewohner wird von Kantinen und Restaurants geliefert. Während die Eltern arbeiten, spielen die Sprösslinge im Kindergarten. Oft kommen Besucher hierher: Manche wollen nur einen staunenden Blick auf die Architektur werfen, andere kommen von weit her, um zu erfahren, wie diese "Kleinstadt" arbeitet und organisiert ist.
Wie in jeder Kleinstadt müssen auch im Bundestag besondere Ereignisse genauso organisiert werden wie die tägliche Routine. Dafür gibt es den Ältestenrat, wo sich Bundestagspräsident Norbert Lammert, die Vizepräsidenten und 23 Vertreter der Fraktionen treffen. Hier wird auf der einen Seite über Themen diskutiert, die den Deutschen Bundestag als Parlament betreffen. Zum Beispiel, wie die Tagesordnung des Bundestages aussehen soll. Auf der anderen Seite spricht man über Dinge, die den Deutschen Bundestag als "Kleinstadt" angehen.
Dafür gibt es verschiedene Ausschüsse im Ältestenrat, so zum Beispiel die "Kommission für Innere Angelegenheiten" (IK). Als Bundestagsvizepräsidentin sitzt Gerda Hasselfeldt dem Gremium vor. Sie ist Abgeordnete der CSU, aber das ist für die Arbeit in der Kommission weniger wichtig als bei Bundestagsdebatten oder im Wahlkampf. In der Inneren Kommission sei die Zusammenarbeit "über Fraktionsgrenzen hinweg sehr kollegial", sagt sie. Etwa vier- bis fünfmal im Jahr kommt die Kommission zusammen, um unter anderem aktuelle Fragen rund um Bibliothek und Archiv, Kantinen und Restaurants, das Besucherprogramm und die internationalen Austauschprogramme zu besprechen. Bundestagsereignisse werden hier geplant, wie der "Tag der Ein- und Ausblicke", zu dem am 14. September mehr als 24.000 Besucher kamen - oder auch das Programm des Bundestages zum "Tag der Einheit" am 3. Oktober in Hamburg.
Besonders liegen Gerda Hasselfeldt alle Aktivitäten am Herzen, bei denen es um die Arbeit mit Jugendlichen geht. "Ich habe ein Faible für junge Leute", sagt sie. Als Vorsitzende der Inneren Kommission bricht sie bald nach Israel auf, um die israelischen Teilnehmer für das Internationale Parlaments-Stipendium (IPS) auszuwählen. Aus 28 Ländern kommen die jungen Akademiker inzwischen, die die Arbeit des Deutschen Bundestages kennenlernen möchten. "Wir hoffen, dass sie später wichtige Positionen in Politik, Wirtschaft oder den Medien ihres Landes bekleiden", sagt Hasselfeldt. Nächstes Jahr werden das erste Mal auch Hochschulabsolventen aus dem Kosovo und Montenegro dabei sein: Aus Staaten mit einem noch jungen Parlament, deren junge Bürger sich im Bundestag vielleicht einige Anregungen für die Arbeit in ihrem Heimatland holen.
Während das deutsche Parlament gerade in neuen Demokratien in Ost- und Mitteleuropa ein "hohes Ansehen" genießt, wie Hasselfeldt bei ihren Begegnungen erfährt, hat das Interesse junger Deutscher für Politik in den vergangenen zehn Jahren abgenommen. Eine aktuelle Studie des Allensbach-Institutes dokumentiert das.
Wie die anderen Mitglieder des Bundestagspräsidiums sieht es Gerda Hasselfeldt als wichtige Aufgabe an, etwas gegen diese Verdrossenheit zu tun. Gelegenheit dazu bieten mehrere Programme: Beim Planspiel "Jugend und Parlament" werden jedes Jahr 300 Jugendliche nach Berlin eingeladen, um als fiktive Abgeordnete die parlamentarische Arbeit kennenzulernen. Für Kinder und Jugendliche hat der Bundestag mit kuppelkucker.de und mitmischen.de spezielle Internet-Seiten eingerichtet.
Doch Gerda Hasselfeldt weiß, dass persönliche Begegnungen - gerade für junge Menschen - eine besondere Gelegenheit bleiben, um mögliche Vorbehalte gegen Politik abzubauen: "Wenn Schülergruppen aus meinem Wahlkreis zu Besuch kommen, diskutiere ich immer persönlich mit ihnen."