MITARBEITERBETEILIGUNG
Opposition hält die Initiative der Bundesregierung für unzulänglich
Einen "fairen Anteil am Erfolg der Unternehmen" sollen die Mitarbeiter künftig haben. Das verspricht die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung ( 16/10531), den der Bundestag am 16. Oktober in erster Lesung an den Finanzausschuss überwies.
Im Einzelnen ist geplant, die Arbeitnehmer-Sparzulage für vermögenswirksame Leistungen, die in betrieblichen oder außerbetrieblichen Beteiligungen angelegt werden, von 18 auf 20 Prozent anzuheben. Zugleich soll die Einkommensgrenze, bis zu der die Sparzulage gezahlt wird, bei der Anlage in Beteiligungen von 17.900 Euro/35.800 Euro (Ledige/Verheiratete) auf 20.000 Euro/40.000 Euro erhöht werden. Den steuer- und abgabefreien Höchstbetrag für Mitarbeiterbeteilungen am Arbeitgeber-Unternehmen will die Regierung von 135 Euro auf 360 Euro anheben. Klaus-Peter Flosbach (CDU) sagte in der Debatte, er könne sich eine "Anhebung der Höchstbeträge" vorstellen.
Der Arbeitgeber soll den Plänen zufolge die Vermögensbeteiligung zusätzlich zum Arbeitslohn freiwillig zahlen. Sie darf nicht aus Lohnbestandteilen finanziert werden, auf die die Beschäftigten einen Rechtsanspruch haben. Bei direkten Beteiligungen am Unternehmen sollen deren Höhe, die Höhe der Gewinn- und Verlustbeteiligung, Laufzeit und Sperrfristen, die Kündigungsbedingungen, die Informations- und Kontrollrechte sowie die Verwaltung vertraglich festgelegt werden können. Das Angebot, sich am Unternehmen zu beteiligen, muss nach dem Willen der Regierung allen Beschäftigten offenstehen. Begünstigt werde die Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers. Arbeitnehmern, die schon heute einen Anspruch auf kostenlose oder verbilligte Überlassung von Vermögensbeteiligungen haben, garantiert die Regierung "Bestandsschutz", sodass es beim steuer- und abgabefreien Vorteil von 135 Euro bleibt, falls die Voraussetzungen für die Neuregelungen nicht erfüllt sind.
Zusätzlich zur direkten Beteiligung am Unternehmen sollen auch Beteiligungen über einen speziellen Fonds gefördert werden können, und zwar jeweils in gleicher Höhe. Diese Mitarbeiterbeteiligungsfonds sollen von einer Kapitalanlagegesellschaft betrieben und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht überwacht werden.
Die Regierung will die Fondsgesellschaften verpflichten, nach zwei Jahren 75 Prozent des Fondsvermögens in die Unternehmen zu investieren, deren Arbeitnehmer sich am Fonds beteiligen. Die Fonds wiederum beteiligen sich an den Unternehmen, indem sie unverbriefte Darlehensforderungen wie Schuldscheine oder nicht börsennotierte Unternehmensbeteiligungen und Wertpapiere in Höhe von 25 Prozent des Fondsvermögens kaufen. Weitere 25 Prozent könnten zum Beispiel in börsennotierte Aktien und Schuldverschreibungen oder in Geldmarktinstrumente investiert werden. Die Anleger sollen ihre Anteile zum Rücknahmepreis an die Fondsgesellschaft zurückgeben können. Die Regierung hält es nach eigenen Angaben für "förderlich", wenn mehrere Unternehmen gemeinsam solche Fonds auflegen lassen.
Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme unter anderem um Prüfung gebeten, ob die steuerliche Förderung der Mitarbeiterbeteiligung auch dann gewährt werden kann, wenn sie nicht allen Beschäftigten, sondern nur einer Beschäftigtengruppe, die zuvor nach objektiven Kriterien einheitlich festgelegt worden ist, zugute kommt. Bei Enthaltung der FDP lehnte der Bundestag auf Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie ( 16/4599) einen Antrag der Grünen ( 16/2653) ab, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, bürokratische Hürden zu beseitigen, die den Mitarbeiter-Beteiligungsmodellen im Mittelstand entgegenstehen. Thea Dückert (Grüne) sagte zum Regierungsvorschlag, das Fonds-Modell sei zum Scheitern verurteilt, unsicher und unrentabel. Bei einer Insolvenz des Unternehmens verlören die Beschäftigten nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch ihr eingesetztes Geld. "Kein Meilenstein", lautete das Urteil von Frank Schäffler (FDP). Durch neue Subventionen würden Fehlanreize geschaffen. Schäffler verwies dafür auf einen FDP-Antrag ( 16/9337), der die "weitgehend künstliche Trennung" zwischen betrieblicher Altersvorsorge und Mitarbeiterbeteiligung aufheben und für beide Formen gleiche Förderregeln festlegen will.
Die Regierung wird darin aufgefordert, ein steuerlich gefördertes Altersvorsorgekonto einzuführen. Wie bei der Riester-Rente solle dieses Konto als zertifizierter Sparvertrag zwischen Altersvorsorgesparer und Produktanbieter vor Insolvenz geschützt sein. Wechseln die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz oder machen sie sich selbstständig, könne das Konto weitergeführt werden, bei Arbeitslosigkeit ruhen oder als private Vorsorge weiterbestehen, so die FDP. Auszahlungen sollten erst zulässig sein, wenn der Sparer das 60. Lebensjahr erreicht hat.
Jörg-Otto Spiller (SPD) nannte die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital in Deutschland, derzeit rund drei Prozent, "bescheiden". Zudem konzentriere sie sich auf gut verdienende Angestellte. Aus Sicht von Herbert Schui (Die Linke) lässt sich allerdings durch "leichte kosmetische Maßnahmen" keine Verteilungsgerechtigkeit herstellen.