FINANZKRISE II
Sozialversicherungen bangen um ihre Anlagen bei US-Banken
Deutsche Sozialversicherungen haben Beitragsgelder der Versicherten bei der vor dem Aus stehenden Lehman-Bank angelegt. Nach Angaben der Bundesregierung handelt es sich um über 100 Millionen Euro, die von der Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung bei Lehman angelegt wurden. Informationen, ob gesetzliche Krankenkassen Geld bei Lehman angelegt haben, habe sie nicht, erklärte die Bundesregierung in ihrer Antwort ( 16/10639) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ( 16/10364).
Ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung habe Forderungen in Höhe von 44,5 Millionen Euro bei der deutschen Lehmann Brothers Bankhaus AG angelegt, berichtete die Bundesregierung. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung seien Forderungen in Höhe von 57,55 Millionen Euro bekannt. Dabei soll es sich um vier Berufsgenossenschaften und um eine Unfallkasse handeln. Diese Einlagen seien jedoch über den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken geschützt, betonte die Regierung. Ähnliche Angaben machte ein Sprecher der deutschen Rentenversicherung. Die Sicherungsgrenze betrage für jeden Einleger 285,1 Millionen Euro. Es bestehe keine Gefahr für das Geld.
Nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" wurde das Geld von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland bei Lehman in Frankfurt Ende Juli für drei bis fünf Prozent Zinsen angelegt. Ein Vertreter der Rentenversicherung Rheinland wies gegenüber der Zeitung darauf hin, dass man keinen Verlust habe und auf die Rückerstattung durch den Einlagensicherungsfonds warte. Der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler, einer der Fragesteller in der Kleinen Anfrage, warf den Sozialkassen Versagen vor. Die Rentenversicherung müsse ihr Risikomanagement bei Geldanlagen dringend verbessern.
Das gegen die deutsche Tochter der amerikanischen Lehman Brothers Bank verhängte Zahlungsverbot dient nach Angaben der Bundesregierung in erster Linie dem Gläubigerschutz. Die Verhängung des sofortigen Zahlungsverbots sei zwingend notwendig gewesen, nachdem die amerikanische Muttergesellschaft der Bank einen Antrag auf Einleitung des Gläubigerschutzverfahrens gestellt hatte. Mit dem Zahlungsverbot soll sichergestellt werden, dass bei einer späteren Insolvenzeröffnung das noch vorhandene Vermögen unter allen Gläubigern in gleichem Maße verteilt werden könne.
Die Regierung wies aber ausdrücklich darauf hin, dass bei der deutschen Lehman Brothers Bankhaus AG keine Insolvenz vorliege. Der Schaden für den Finanzplatz Deutschland wäre selbst bei einer Insolvenz begrenzt, da der Sicherungsfonds der privaten Banken greife. Zu einem großen Teil seien institutionelle Anleger Gläubiger der Bank. "Das Gesamtengagement deutscher Kreditinstitute bei Lehman Brothers Holding in Euro bewegt sich im unteren einstelligen Milliardenbereich", so die Regierung. Staatliche Maßnahmen zur Solvenzsicherung bei Lehman erwägt die Regierung nicht.
Zur Zusammenarbeit zwischen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und Lehman erklärte die Regierung, die KfW werde eine "adäquate Risikovorsorge" bilden. Zwar habe die KfW wie andere Banken Einbußen zu verzeichnen, aber das operative Geschäft sei gut aufgestellt. Der Vorstandsvorsitzende der KfW habe das Finanzministerium zeitnah unterrichtet, als er am 15. September Kenntnis von der Swap-Zahlung in Höhe von 300 Millionen Euro der KfW an Lehman Kenntnis erhalten habe.
Probleme drohen den deutschen Banken offenbar noch von anderer Seite: 21,3 der insgesamt 59 Milliarden Euro Schulden der isländischen Banken stammen von deutschen Instituten.