Finanzen. Die Bundesregierung will das Steuerrecht an die neuen Rechtsformen der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE) anpassen. Dazu hat sie einen Gesetzentwurf über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der SE und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften ( 16/2710) vorgelegt, den der Bundestag am 28. September an den Finanzausschuss überwiesen hat. Damit sollen Vorgaben der EU in deutsches Recht umgesetzt werden. Ziel ist es laut Regierung, steuerliche Hemmnisse für die immer wichtiger werdende grenzüberschreitende Reorganisation von Unternehmen zu beseitigen und die Möglichkeiten der freien Wahl der Rechtsform zu verbessern. Die Regierung macht aber auch deutlich, dass dies nicht das deutsche Steueraufkommen gefährden darf. Daher sollen vor allem steuermindernde Gestaltungen verhindert werden, die angesichts des derzeitigen Stands der Harmonisierung der direkten Besteuerung in der EU nicht ausgeschlossen werden könnten. Künftig sollen europaweit die gleichen steuerlichen Grundsätze für inländische und für alle grenzüberschreitenden Umstrukturierungen von Unternehmen gelten.
Auch sollen stille Reserven in allen Fällen aufgedeckt und besteuert werden, in denen ein Rechtsträgerwechsel (durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge) stattfindet, in denen Vermögen den Betrieb verlässt, die Steuerpflicht endet oder Wirtschaftsgüter dem deutschen Besteuerungszugriff entzogen werden. Bei aufgedeckten betrieblichen stillen Reserven soll es zu einer "Sofortversteuerung" kommen. Die für Fälle der Wegzugsbesteuerung vorgesehene Stundungsregelung soll nicht auf Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens angewendet werden. Die Sofortversteuerung entziehe zwar im Vergleich zur Stundungslösung Liquidität, doch gleiche sich dies über die Lebensdauer eines Wirtschaftsguts wieder aus.
Der Staat, in dem sich das Wirtschaftsgut befindet, soll auch das Recht erhalten, den Wertzuwachs zu besteuern, der in der Zeit entstanden ist, in der die "weggezogenen" Wirtschaftsgüter seiner Steuerhoheit unterlagen. Hinzu komme, dass bislang eine effektive Zusammenarbeit bei der Beitreibung von Steuerforderungen in der EU "nicht erreicht" sei. Werden Wirtschaftsgüter in eine ausländische Niederlassung gebracht, dann sei dies wie die Übertragung auf eine Tochtergesellschaft zu behandeln.
Der Entwurf enthält darüber hinaus Vorschriften über den Wertansatz von Wirtschaftsgütern, die nach Deutschland gebracht werden oder deutschem Besteuerungszugriff unterliegen. Da das Wirtschaftsgut unabhängig von der steuerlichen Behandlung im Ausland mit dem "gemeinen Wert" angesetzt werden soll, will die Regierung einen Anreiz schaffen, Wirtschaftsgüter nach Deutschland zu verlagern und hier produktiv einzusetzen. Weitere Änderungen betreffen das Umwandlungssteuerrecht, das auf grenzüberschreitende Vorgänge ausgedehnt werden soll. Hier will die Regierung die Besteuerung stiller Reserven der übertragenden Körperschaft sicherstellen.
Der Bundesrat hat unter anderem darum gebeten, klarzustellen, dass sich der deutsche Steueranspruch auch auf immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente und den Geschäftswert bezieht.