Was wäre Richard Blaine alias Rick ohne Zigarette? Der von Humphrey Bogart verkörperte Held aus "Casablanca" ist ohne Kippe im Mundwinkel gar nicht vorstellbar. Aber was, wenn die durch Zigaretten suggerierte Coolness von Filmhelden Jugendliche zur Nachahmung animiert?
"Tabakkonsum ist kein wertfreies dramaturgisches Mittel, sondern ein Vorbild für Kinder und Jugendliche, das zur Nachahmung verleitet", sagt Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Anlass dazu gibt die Studie zur "Verbreitung des Rauchens im Deutschen Fernsehen und in deutschen Kinofilmen", deren Ergebnisse am 29. November in Berlin vorgestellt wurden. In deutschen Filmproduktionen wird demzufolge mehr als doppelt so häufig geraucht wie in amerikanischen oder europäischen. Auch im Fernsehen liegen deutsche Sendungen an der Spitze.
In nahezu der Hälfte der untersuchten Fernsehsendungen wurde geraucht oder zumindest mit Zigaretten hantiert. Am häufigsten ist dies in Spielfilmen der Fall - in 77 von 100 Filmen paffen die Akteure. Aber auch im Informationsteil der Sender sind Glimmstängel präsent - geraucht wurde in 69 Prozent der untersuchten Sendungen. Bei Serien und Spielfilmen, die in Deutschland produziert wurden, kommen Rauchszenen insgesamt um 17 Prozent häufiger vor als in ausländischen Produktionen.
Ähnlich hoch ist der Raucher-Anteil in Kinofilmen. Insgesamt kommen Leinwandhelden in 75 von 100 Filmen nicht ohne Zigaretten aus. In deutschen Produktionen beläuft sich dieser Anteil sogar auf 80 Prozent. Durchschnittlich 14,5 Mal wird in deutschen Filmen geraucht. Europäische (6,4) und amerikanische Filme (6,7) liegen deutlich darunter.
Internationale Studien belegen: Jugendliche können durch Film und Fernsehen verleitet werden, mit dem Rauchen zu beginnen. "Rauchen in Film und Fernsehen kann ein Risikofaktor sein", betont Reiner Hanewinkel, Studienleiter am Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung Kiel. Zwar würden Jugendliche nicht sofort mit dem Rauchen beginnen, nachdem sie einen bestimmten Film gesehen hätten, aber es werde ein "Nährboden" geschaffen: Die Rauch-Lust der Jugendlichen steigt, je häufiger sie auf der Leinwand qualmende Schauspieler sehen. Bätzing fordert angesichts der Studienergebnisse eine Debatte über die Vorbildfunktion von Film und Fernsehen. Ziel müsse sein, eine Diskussion zwischen Gesundheitswissenschaftlern und Medienfachleuten in Gang zu bringen. "Wir wollen die Beteiligten stärker für dieses Thema sensibilisieren und Vorschläge entwickeln, wie die Raucherquote im deutschen Fernsehen und deutschen Kinoproduktionen gesenkt werden kann." Bätzing strebt dazu eine freiwillige Vereinbarung mit Produzenten an, damit Schauspieler in deutschen Produktionen möglichst nicht rauchen.
Dass es zum Erfolg keine rauchenden Helden braucht, zeigen die mit dem "Rauchfrei-Siegel" prämierten Serien "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten", "Marienhof" und "SOKO-Lepzig". Die Deutsche Krebshilfe verleiht diese Auszeichnung an Sendungen, in denen auf rauchende Charaktere verzichtet wird oder Raucher nur als Kriminelle, Bösewichte und Verlierertypen dargestellt werden.