Sie wirkt reserviert, so wie sie da sitzt: die Arme vor dem Körper verschränkt, abwartender Blick hinter der strengen Brille. Krista Sager verkörpert hanseatische Strenge - auf den ersten Blick. Im Gespräch taut sie auf, werden die Gesten entspannter, die Mimik weicher. Und dann ist sie eine lebenslustige, witzige Frau, die mit Leib und Seele Politik macht und darüber leidenschaftlich erzählt.
Für Krista Sager, 1953 in Bremen geboren, gab und gibt es zum politischen Engagement keine Alternative. Als sie 1972 begann, Deutsch und Geschichte für das höhere Lehramt zu studieren, hatte ihr Vater "Angst, dass ich in die linken Studentenkreise gerate. Dabei war ich längst drin." Vom Kommunistischen Bund Westdeutschlands über die Umwelt- und Menschenrechtsbewegung kam Krista Sager 1982 zur Grün-Alternativen Liste (GAL). Nur ein Jahr später wurde sie Mitglied im GAL-Landesverband Hamburg, kam 1989 in die Hamburger Bürgerschaft, wo sie viele Jahre Fraktionsvorsitzende war.
Schon damals ging es für Krista Sager nicht ohne Blessuren ab. "Gerade zu Beginn meiner Zeit bei den Grünen gab es Auseinandersetzungen in einer unglaublichen Härte. Die Kämpfe zwischen Linken und Realos wurden oft sehr verletztend geführt." War Aufgeben damals eine Option? "Nein, auf keinen Fall. Ich tendiere in solchen Fällen dazu, Widerstand zu leisten, weil der Versuch, Kritiker durch Einschüchterung mundtot zu machen, meinem Gerechtigkeitsgefühl widerspricht." Widersprochen hat sie oft - und ist dafür immer wieder gewählt worden: Nach zwei Jahren als Sprecherin des Bundesvorstands von Bündnis 90/Die Grünen kehrte Krista Sager 1997 als Spitzenkandidatin an die Alster zurück, wo sie als zweite Bürgermeisterin, Wissenschaftssenatorin und Senatorin für die Gleichstellung wirkte. 2002 führte sie ihr Weg schließlich in den Bundestag. Gemeinsam mit Katrin Göring-Eckardt war Sager Fraktionsvorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, seit 2005 ist sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Mitglied des Bildungs- und Forschungsausschusses.
Sagers politische Karriere ist geradlinig - und die 53-Jährige steht zu ihrer Lust an der Macht. "Man muss doch zugeben, dass einem die Dinge, die man macht, auch Spaß machen. Mir war immer wichtig, nicht so zu leben wie meine Mutter. Sie hatte immer das Gefühl, mit ihrer Art zu leben Opfer für die Familie zu bringen. Doch wenn man so denkt, dann läuft etwas schief. Und vor allem: Opfer dankt einem niemand, auch wenn die Gefahr groß ist, dass Politiker für das, was sie tun und was sie dafür aufgeben, Dankbarkeit erwarten." Bei aller Lust am politischen Geschäft: Krista Sager kennt auch die Enttäuschungen, die es oft mit sich bringt. Dass die Hamburger Grünen 2001 in die Opposition gehen mussten und der Rechtspopulist Ronald Schill in die Regierung einzog, hat sie geärgert. "Ich habe mich gefragt: Wie können die Leute so verrückt sein und den wählen? Da hatte ich Momente, in denen ich das Gefühl hatte, ich hätte mir meine Hamburger über all die Jahre schön geredet." Sich das einzugestehen, fällt Sager schwer, schließlich ist "Hamburg neben meinem Lebensgefährten meine große Liebe".
Was auch immer die Politik für Sager bereithielt: Gehadert hat sie nie. "Das Leben ist unberechenbar. Wenn man das nicht aushalten kann und Sicherheit braucht, ist man in der Politik nicht gut aufgehoben." Den Entschluss Gerhard Schröders, 2005 Neuwahlen herbeizuführen, hat sie für "politisch völlig falsch gehalten. Aber da muss man durch." Ihren Wechsel auf die Oppositionsbank empfindet Sager nicht als Strafe. Den Gedanken, dass sie von dort nichts durchsetzen kann, lässt sie nicht zu. "Nehmen Sie die Föderalismusreform. Gerade dabei haben wir mit dazu beigetragen, etwa im Hochschulbereich doch noch etwas zu verändern, etwa die Öffnungsklausel: Ohne die wäre der Hochschulpakt doch gar nicht so zustande gekommen." Ihr Rezept? "Ich bin jemand, der gute Erfahrungen mit Beharrlichkeit gemacht hat. Ich kann an Sachen dranbleiben, die andere längst aufgegeben haben. Das bedeutet nicht, dass ich anderen auf die Nerven gehe. Obwohl: manchmal vielleicht doch."