Bedächtig sucht sich Birgitt Bender ihren Weg durch die Sprache. Die studierte Juristin aus Stuttgart, die seit 2002 für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag sitzt, formuliert sehr gewählt, und kaum eine ihrer komplexen Satzkonstruktionen endet im Nirgendwo.
Doch manchmal platzt es aus ihr heraus: "Nur dumme Sprüche" habe so mancher Abgeordnete in Kirgisistan für sie und die anderen Delegierten der deutsch-zentralasiatischen Parlamentariergruppe übrig gehabt, als sie beim Besuch Mitte März die schlechte Lage der Frauen im Land ansprachen. "Dafür gibt es kein Problembewusstsein."
Und an Kritikfähigkeit mangele es den Oberen in Bischkek wie auch in den anderen Staaten der Region sowieso. "Das sind Autokraten, die mit uns umzugehen versuchen, wie sie auch mit ihren eigenen Leuten umgehen." Schon deshalb sei es wichtig, den Nichtregierungsorganisationen und Bürgerrechtlern, die unter widrigsten Umständen ein zivilgesellschaftliches Engagement versuchen, den Rücken zu stärken.
Birgitt Bender war selbst einmal "Graswurzelaktivistin" - in den 70er-Jahren. Wie viele ihrer Parteifreunde fand die heute 50-Jährige den Weg in die Politik über die damaligen Protestbewegungen. Während ihres Jura-Studiums engagierte sie sich in der Frauenbewegung, für die Dritte Welt und gegen die Atomkraft.
Dass sie eines Tages für Auslandeinsätze der Bundeswehr votieren würde - wie jüngst für die Tornado-Flüge in Süd- afghanistan - hätte sie sich als junge Politaktivistin wohl nicht träumen lassen, gibt sie zu. Pazifistin ist sie nach eigener Aussage aber nie gewesen.
Ihre erste Reise durch Zentralasien wollte Birgitt Bender eigentlich auf eigene Faust unternehmen. Der Plan war verwegen: "Allein mit dem Fahrrad von Istanbul nach China", entlang der alten Seidenstraße. Am Ende begnügte sie sich aber mit einer organisierten Fahrradtour durch Tadschikistan und Usbekistan. Die Kollegen vom Auswärtigen Amt, die oft genug Reisewarnungen für die Region erteilen, hätten dennoch, Birgitt Bender lächelt, mit "Stirnrunzeln" reagiert. 2001 war das, während einer freiwilligen Karrierepause nach mehr als 18 Jahren politischer Arbeit für die Grünen, für die sie 1988 als erste weibliche Fraktionsvorsitzende in den baden-württembergischen Landtag eingezogen war.
2002 war sie wieder bereit, politische Verantwortung zu übernehmen und kandidierte erfolgreich für den Bundestag. In Berlin erfuhr Birgitt Bender dann, "dass es die parlamentarischen Freundschaftsgruppen gibt und dass die zentralasiatische ein Schattendasein fristet, weil die Ossis sich eher nach Westen orientieren und die Wessis gar nicht wissen, wo Zentralasien liegt". Eine Gelegenheit also, ihre persönlichen Reiseerfahrungen in die Politik einzubringen.
Unpopuläres scheut Frau Bender auch in ihrer Funktion als gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen nicht. So hat die sportbegeisterte Politikerin kürzlich ihre Kollegen aufgefordert, in Sachen Nichtraucherschutz Vorbild zu sein und das Rauchen auf dem gesamten Bundestagsgelände zu unterlassen. Ob für eine kämpferische Nichtraucherin der Sitzungsmarathon in Kirgisistan, wo qualmende und trinkende Patriarchen das politische Geschäft beherrschen, eine Qual ist?
Diese Frage quittiert Frau Bender mit einem Lachen und rutscht unwillkürlich ins Schwäbische, das sich die gebürtige Düsseldorferin in ihrer Wahlheimat Stuttgart angeeignet hat: "S'ging eigentlich, hätt mer's schlimmer vorg'stellt. Bei den offiziellen Terminen isch net g'raucht worden. Insofern gibt's schon eine gewisse Kultur."
Auch einen anderen Kulturkonflikt mit den westlichen Besuchern hätten die Gastgeber beigelegt: Den Vegetariern in der Delegation sei fleischlose Kost serviert worden - früher undenkbar in dem Nomadenland. Vielleicht lässt ja so viel Kompromissbereitschaft auch auf Zugeständnisse in anderen, wichtigeren Bereichen hoffen.