BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT
Regierungsinitiative enttäuscht manche Experten
"Ohne Ehrenamt ist kein Staat zu machen!" Mit dieser Feststellung begrüßte Eduard Oswald (CSU), Vorsitzender des Finanzausschusses des Bundestages, die Teilnehmer einer öffentlichen Anhörung am 11. Juni. Diskutiert wurde eine Vorlage der Bundesregierung, die eben dieses Ehrenamt attraktiver machen soll.
Der Gesetzentwurf zur weiteren Stärkung des bürgerlichen Engagements ( 16/5200 ) sieht unter anderem vor, die Höchstgrenzen für den steuerlichen Abzug von Spenden zu vereinheitlichen und auf 20 Prozent anzuheben. Außerdem soll der so genannte Übungsleiterfreibetrag für nebenberufliche Tätigkeiten von 1.848 Euro auf 2.100 Euro im Jahr steigen. Unter den geladenen Sachverständigen herrschte Einigkeit darüber, dass eine Stärkung des bürgerlichen Engagements vonnöten sei. Ob allerdings der Gesetzentwurf dies ausreichend gewährleistet, blieb umstritten.
Als wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts bezeichnete die Projektgruppe "Reform des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts" den Entwurf. Insbesondere die geplante Vereinheitlichung und Anhebung des allgemeinen steuerlichen Abzugsrahmens auf 20 Prozent unterstütze man nachhaltig. Abgelehnt wird hingegen die Schaffung eines abschließenden Katalogs gemeinnütziger Zwecke. Diesen "abschließend" zu gestalten, sei nicht vereinbar mit den Bedürfnissen einer stetig im Wandel begriffenen Gesellschaft.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände sieht in dem Entwurf einen "großen und mutigen Schritt zur Stärkung der Zivilgesellschaft" und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement. Auch die Deutsche Steuergewerkschaft äußerte sich positiv. Der Entwurf führe zu mehr Übersichtlichkeit und Praktikabilität im Spendenrecht und somit zu einem Bürokratieabbau in diesem Bereich.
Rupert Graf Strachwitz, Direktor des Maecenata-Instituts an der Humboldt Universität Berlin, sieht dagegen keineswegs den erhofften Durchbruch für die Zivilgesellschaft erreicht. Nach wie vor bleibe zivilgesellschaftliches Handeln einem überaus komplizierten Geflecht staatlicher Kontrollmechanismen unterworfen, das eine freie Entfaltung der Zivilgesellschaft nachhaltig behindere. Der Entwurf könne allenfalls ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer großen Reform sein. Keine Unterstützung findet er beim Deutschen Naturschutzring. Zwar gebe es positive Ansätze, doch würden diese durch gravierende Nachteile für bestimmte gemeinnützige Bereiche wie den Natur-, Tier- und Umweltschutz überlagert.
Der Bayerische Jugendring begrüßte die Initiative, meinte aber, es gebe auch jenseits des Steuerrechts Möglichkeiten zur Förderung. So könne man beispielsweise ehrenamtliche Tätigkeiten als einschlägige Berufserfahrung bei verwandten Berufsgruppen bewerten.