Zur UNO-Vollversammlung und China:

Berliner Zeitung, 26.09.

Es ist genau fünf Jahre her, dass US-Präsident George W. Bush die Vereinten Nationen für irrelevant erklärt hat. Wie sehr sich dieses Bild gewandelt hat, zeigt die Generalversammlung der UNO in New York. George W. Bush wählt nun versöhnliche Töne und wirbt um die Zusammenarbeit mit der Weltorganisation. Und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hält mit Verve ein Plädoyer zur Stärkung der UNO.... auch mit der Forderung nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat. Es ist richtig, diesen Anspruch unverblümt zu erheben. Auch wenn die Realisierung in den Sternen steht. Denn, so fragen sich große Länder Asiens und Lateinamerikas zu Recht: Warum sollten die Europäer einen dritten Sitz bekommen? Nötig ist eine umfassende UN-Reform, die einfach zu fordern, aber schwer zu realisieren ist, selbst wenn die USA nicht mehr blockieren.

Süddeutsche Zeitung, 26.09.

Die Schärfe der Reaktion aus Peking richtet sich nur zum Teil gegen Deutschland. Sie soll vor allem andere Staats- oder Regierungschefs in Europa abschrecken, es der deutschen Kanzlerin gleich zu tun. Und je mehr Politiker sich von den Drohgebärden des Pekinger Außenministeriums beeindrucken lassen, desto besser, lautet das chinesische Kalkül.

All dies bedeutet nicht, dass Angela Merkel mit dem Empfang des Dalai Lama den deutsch-chinesischen Beziehungen langfristig geschadet hätte. Vor allem werden sich auch in Peking allmählich wieder die Pragmatiker durchsetzen. China braucht Deutschland als Exportmarkt, und es braucht Europa aus Gründen der geopolitischen Balance in seinen Außenbeziehungen.

Der Tagesspiegel, 26.09.

Sowohl Johannes Pflug, Vorsitzender der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe, als auch sein CDU-Kollege Polenz sagten voraus, die deutsch-chinesischen Beziehungen würden keinen Schaden nehmen. "Gute ökonomische Beziehungen liegen auch im chinesischen Interesse." Tatsächlich sind Deutschland und die Volksrepublik wirtschaftlich eng verflochten. Das Handelsvolumen beträgt jährlich rund 76 Milliarden Euro, Tendenz steigend.