Gesundheit
Verbot von nicht notwendigen Operationen bei Kindern in der Diskussion
Eine Nase wie Heidi Klum, Lippen wie Claudia Schiffer: Offenbar legen sich immer mehr Deutsche für ihr Schönheitsideal unters Messer. Schönheitsoperationen bilden einen Boommarkt, da waren sich die Experten in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses am 23. April einig - auch wenn belastbares Zahlenmaterial bislang fehlt und die Dunkelziffer hoch ist. Von bis zu einer Million Schönheitsoperationen ist in dem der Anhörung zugrunde liegenden Antrag der Koalitionsfraktionen ( 16/6779) die Rede, davon bis zu zehn Prozent an Minderjährigen. Nach einer Umfrage wünscht sich jeder fünfte Neun- bis 14-Jährige in Deutschland eine Schönheits-OP.
Eine bedenkliche Entwicklung, finden Union und SPD und fordern die Bundesregierung unter anderem auf, Verbotsmöglichkeiten von medizinisch nicht notwendigen Schönheitsoperationen an Minderjährigen zu prüfen. Für ihre Bestrebungen erhielt die Koalition in der Anhörung Rückendeckung vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Dessen Sprecher Ulrich Fegeler sagte, er lehne schönheitschirurgische Eingriffe zur Erfüllung eines Schönheitsideals auch bei Zustimmung der Eltern ab. Als Beispiele nannte er Brustvergrößerungen und aufgespritzte Lippen.
Die Folgen seien "oft unabsehbar und weder von den minderjährigen Patienten noch ihren Erziehungsberechtigten seriös abschätzbar". Der Verbotsforderung schloss sich die Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Brunhilde Raiser, an.
Einige Experten äußerten jedoch Zweifel, ob die Grenze zwischen nötigen und unnötigen Eingriffen klar genug gezogen werden könne, und lehnten ein Verbot ab. So sagte der Chefarzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie an der Fachklinik Hornheide, Albrecht Krause-Bergmann, er halte dies nicht für den richtigen Weg. Die Übergänge, wann ein schönheitschirurgischer Eingriff notwendig sei oder nicht, seien fließend. Gleichwohl plädierte er dafür, dass bei Operationen an Kindern und Jugendlichen stets eine zusätzliche Instanz zum behandelnden Arzt hinzugezogen werden müsse.
Der Präsident der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland, Professor Heinz Bull, unterstrich, die Zahl von Schönheitsoperationen bei Jugendlichen werde überschätzt. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen, Professor Günter Germann, fügte hinzu, Eingriffe bei Minderjährigen fänden überwiegend wegen psychischen Leidensdrucks aufgrund fehlgebildeter Ohren statt.
Auf ein weiteres Problem machte in der Anhörung die Expertin der Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen, Kirsten Schubert, aufmerksam. Bislang sei es so, dass die Operationen von "sämtlichen medizinischen Fachgruppen durchgeführt werden" können. Sie forderte, Anbieter von Schönheitsoperationen müssten - auch bei Erwachsenen - eine zertifizierte Qualifikation nachweisen.