Ich habe fünf Kinder; einen 17-jährigen Sohn und vier Töchter im Alter von 19, 15 und zwölf Jahren - die Jüngsten sind Zwillinge. Unsere älteste Tochter habe ich während des Referendariats bekommen. Als unser Sohn 1991 zur Welt kam, waren Anwälte nach der Wende sehr gesucht. Meine Noten hätten für ein Richteramt ausgereicht, aber das traute ich mir mit den kleinen Kindern nicht zu. Also habe ich ein Schild an die Haustür gehängt und war als Anwältin tätig.
Anfangs habe ich alles gemacht: Verkehrsunfälle, Mietsachen. Dann spezialisierte ich mich auf Familienrecht. Aber es wurde mir zu viel von zu Hause aus, unter anderem, weil die kleinen Kinder an die Akten gingen. Deshalb ging ich in eine Bürogemeinschaft. Als 1995 die Zwillinge kamen, legte ich eine Pause ein. Aber die Akten waren im Keller gelagert, ich behielt meine Anwaltszulassung, nahm vereinzelt Gerichtstermine wahr. Nach einem Jahr war klar: Ich musste wieder richtig arbeiten.
Im Januar 1998 habe ich mein eigenes Büro eröffnet. Aber trotz meines Erfolges als Familienanwältin schaffte ich es dann doch nicht, mit fünf Kindern bis 20 Uhr in einem immer weiter wachsenden Büro zu sitzen und unter so großem Umsatzdruck zu stehen. Heute führen mein Mann und ich zusammen eine hochspezialisierte Kanzlei in Potsdam.
Wir haben alles probiert, was es an Kinderbetreuung gibt. Seit acht Jahren arbeitet ein Kindermädchen für uns, das für die Kinder der wichtigste Ansprechpartner ist. Sie kommt werktags vier Stunden nach der Schule. Außerdem gibt es eine Putzhilfe.
Am Wochenende haben wir beide im Wesentlichen frei. Mein Mann ist heute stärker in die Familienarbeit eingebunden, als er das früher in der Großkanzlei konnte. An mir bleiben am Samstag die Großeinkäufe hängen. Wir teilen uns aber am Wochenende das Kochen.
Das, was man als gute Mutter für ein Kleinkind betrachtet, war ich nie. So eine Mutter, die Plätzchen backt und auf den Spielplatz geht. Ich habe die Kinder gut versorgt, war da und liebe sie. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass mich diese Zuwendung ausfüllt. Ich bin sehr ehrgeizig. Instinktiv habe ich gefühlt, dass ich den Einstieg in den Beruf nicht mehr hinbekomme, wenn ich nicht weitermache. Ich habe mich trotz der vielen Kinder immer vor allem als berufstätige Frau gesehen. Das haben auch meine Kinder geschluckt. Von anderen Eltern bin ich noch als "Rabenmutter" beschimpft worden, so nach dem Motto, 'wie können Sie bei Ihrer Berufstätigkeit überhaupt fünf Kinder haben'. Das hat mein Mann nie zu hören bekommen.
So ein Leben lässt sich nur durchhalten, wenn man gesund, enorm fleißig und ehrgeizig ist und die Fähigkeit hat, seine Kinder loszulassen. Man darf auch nicht besonders ordentlich oder pingelig sein. In einem Haushalt mit fünf Kindern und voller Berufstätigkeit, auch wenn eine Haushälterin rumwirbelt, geht vieles drunter und drüber. Wenn das einen selbst oder den Partner stört, dann klappt das nicht.
Es macht aber unheimlich Spaß, viele Kinder zu haben. Man darf für sich selbst keine Ansprüche stellen. Für mich selbst hatte ich über sehr viele Jahre hinweg gar keine Zeit, jetzt langsam geht es wieder. Keine Zeit zum Shoppen, zum Friseur zu gehen, für Klönen mit Freundinnen. Kein Sport, keine Musik - alles das geht nicht.
Aus meiner Perspektive hat sich bei meinem Mann sehr viel verändert. Als die Kinder kleiner waren, habe ich mich als "alleinerziehende Mutter" bezeichnet, aber ohne finanzielle Probleme. Das hat sich gewandelt. Seit wir die Kanzlei zusammen führen, ist er viel freier in seiner Zeiteinteilung. Und seit die Kinder größer sind, bin nicht mehr ich, sondern ist er der wichtigere Ansprechpartner für sie.
Wenn ich abends aus dem Büro komme, bin ich tot, was ich auch auf die vielen Schwangerschaften zurückführe. Das geht an einem Körper nicht spurlos vorüber. Sie brauchen einen Partner, der das alles mitmacht: diese Zickigkeiten, schlechte Laune, diese Überforderung.
Bestimmt fünf Jahre meiner freiberuflichen Tätigkeit hat mein Mann finanziert: Tagesmutter, Kindergarten, Putzhilfe und Haushälterin - das habe ich ja niemals verdient. Kinderbetreuung ist so teuer, dass sie für Alleinerziehende ohne einen Partner, der das finanziert, nicht bezahlbar ist.
Dr. Kerstin Niethammer-Jürgens (48) ist eine auf deutsches und internationales Familien- und Erbrecht spezialisierte Rechtsanwältin. Sie hat fünf Kinder und lebt in Berlin.
Gesprächsprotokoll aufgezeichnet von Gemma Pörzgen, freie Journalistin in Berlin.