Berufsbild Erzieher
Der Erfolg der Krippenoffensive hängt auch von einer besseren Ausbildung der Frühpädagogen ab
Im November 2007 fand an der Alice-Salomon-Fachhochschule in Berlin die Examensfeier für die ersten 30 Absolventen des deutschlandweit ersten Studiengangs "Erziehung und Bildung im Kindesalter" statt. Das war ein Meilenstein: Denn noch im Herbst 2004 hatte die OECD in einem Bericht angemahnt, dass gerade in dem Land, in dem der Kindergarten erfunden wurde, die Ausbildung der Erzieher dringend verbessert werden müsse.
Noch vor vier Jahren war Deutschland zusammen mit Österreich das einzige europäische Land, in dem es für die Arbeit mit Null- bis Sechsjährigen keinen Studiengang gab. Das ändert sich derzeit grundlegend; auf keinem anderen Gebiet der Hochschulentwicklung ist im Augenblick so viel Bewegung wie hier. Die Aufwertung des Erzieherberufs passt in die politische Landschaft: Die Krippenoffensive von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) kann nur dann erfolgreich sein, wenn exzellent ausgebildete, spezialisierte Frühpädagogen in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.
Beim Übergang der ersten Absolventen auf den Arbeitsmarkt zeigte sich jedoch, dass die Praxis noch nicht so weit ist wie es Modellprojekte vorspiegeln: Die Träger der Kindergärten und Kinderkrippen hätten zwar "im Rahmen ihrer Möglichkeiten" versucht, die höhere Qualifikation der Berufsanfänger zu honorieren. Die Professorin Hilde von Balluseck, die das Konzept für den neuen Studiengang an der Berliner Fachhochschule entworfen hat, berichtet, viele Absolventen hätten sofort unbefristete Stellen bekommen; einzelne private Träger zahlten auch mehr als die üblichen Sätze aus dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes.
Dass solche Erfolgsmeldungen derzeit noch selten sind, ist zum einen eine Frage der Zeit: 40 solcher Studiengänge an Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Berufsakademien existieren bereits, 20 weitere sind in Gründung. Wenn künftig diese 60 Ausbildungsstätten im Jahr jeweils etwa 50 Absolventen auf den Arbeitsmarkt entließen, sagt Peer Pasternak, Forschungsdirektor am Institut für Hochschulforschung Halle-Wittenberg, wären diese 3.000 Hochschulabsolventen aber immer noch eine verschwindend geringe Minderheit gegenüber den etwa zwölf- bis fünfzehntausend ausgebildeten Erzieherinnen, die jedes Jahr die Fachschulen für Sozialpädagogik verlassen. Er plädiert dafür, die Fachschulen aufzuwerten und etwa die Hälfte von ihnen zu entsprechenden Fachbereichen für Frühpädagogik an den Fachhochschulen weiterzuent- wickeln - denn verzichten könne man auf sie nicht.
Zum anderen ist die Akademisierung des Erzieherberufes aber auch schlicht eine Frage des Geldes. Bisher waren es auch die kirchlichen und staatlichen Träger der Fachschulen, die sich hier strukturell konservativ zeigten: Denn sie sind zum großen Teil auch die Träger der Kindertagesstätten; aus finanziellen Gründen hatten sie kein Interesse, dass die Gehälter in diesem Berufsfeld steigen. Bisher verdient eine verheiratete Erzieherin mit einem Kind nach 20 Berufsjahren in Vollzeit etwa 1.300 Euro netto.
So sind es zur Zeit die privaten Kinderkrippen, Krabbelstuben und Tagesstätten, die den Wandel am schnellsten vollziehen und "studierte Frühpädagogen" einstellen. Monika Lütke-Entrup, in der Robert-Bosch-Stiftung zuständig für den Programmschwerpunkt "Frühkindliche Bildung", dringt auf eine Differenzierung des Berufsfeldes: "Kindergärten müssen Fachkräften mehr Möglichkeiten einräumen, um sich stärker auf sprachliche, musische oder mathematisch-naturwissenschaftliche Bildung zu spezialisieren. "Der Kindergarten wird nicht dadurch zum Bildungsort, dass wir das in Bildungsplänen behaupten und alles andere der freiwilligen Initiative einzelner Erzieherinnen überlassen." Mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung und im Rahmen der Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung "Aufstieg durch Bildung" wird sie sich auch für die berufsbegleitende Weiterbildung von Erzieherinnen engagieren, damit die neuen Erkenntnisse der Frühpädagogik schneller in den Kindergärten und - krippen ankommen.