BILDUNGSPRÄMIE
Mit einem Zuschuss von 154 Euro sollen Arbeitnehmer zur Weiterbildung animiert werden. Ob das reicht?
"Aufstieg durch Bildung ist möglich", dessen ist sich Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sicher. Daher hat sie die Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung unter dieses Motto gestellt, mit der unter anderem die berufliche Weiterbildung gefördert werden soll. "Die Initiative bündelt zentrale Maßnahmen mit dem Ziel, Bildungschancen zu stärken, die Durchlässigkeit im Bildungssystem zu erhöhen und innovative Impulse zu unterstützen", erklärt Schavan. Darunter fällt die so genannte Bildungsprämie: Bis zu 154 Euro können Personen, deren jährliches Einkommen 17.900 Euro nicht übersteigt, pro Jahr etwa für einen Seminarbesuch bekommen.
Ist das der richtige Weg, Berufstätige zum Lernen zu motivieren? "Ich persönlich bin da eher skeptisch", sagt Dieter Gnahs vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE). Gerade bildungsferne Schichten bräuchten vorher eine umfassende Beratung. "Dieser Prozess muss staatlich unterstützt werden", fordert Gnahs. "Es kommt entscheidend darauf an, die richtige Weiterbildung zu machen." Menschen könnten auch fehlgeleitet werden und seien dann auf Jahre hin demotiviert, eine Fortbildung zu besuchen. Diese Problematik treffe gerade auf Niederigqualifizierte zu, die die Bundesregierung mit ihrem Paket erreichen wolle.
Die Wirtschaft sieht eher bei der Motivation Schwierigkeiten: Ein Drittel der Beschäftigten lehnten Weiterbildung konsequent ab, bemängelt Knut Diekmann, Weiterbildungsexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Daran könnten auch politische Maßnahmen nur schwer etwas ändern. Unternehmer, so Diekmann, haben den Bedarf aber längst erkannt. "Die Stimmung ist positiv, was Weiterbildung angeht", erklärt der DIHK-Experte. Darum hält Diekmann auch die Betriebe bundesweit für die größten Finanziers der Weiterbildung. Schließlich spiele sich der größte Teil der Weiterbildung in den Unternehmen selbst ab. Dennoch müsse die Gruppe der Niedrigqualifizierten unterstützt werden. Denn: "Jeder kann durch Bildungsmaßnahmen weiter kommen", sagt Diekmann. Die Grundlagen für diese Einstellung würden allerdings schon in der Schule gelegt. "Darum ist es auch keine kurzfristige Maßnahme, die helfen wird. Das Bildungssystem muss ganzheitlich reformiert werden", fordert Diekmann.
Die Durchlässigkeit des Bildungssystems ist ein weiterer Aspekt, den die Bundesregierung in den Fokus genommen hat. Mit so genannten Aufstiegsstipendien soll die Zahl der Studenten, die über berufliche Qualifikation an die Hochschulen gelangen, gesteigert werden. Berufstätige oder Auszubildende können sich für die Stipendien bewerben. Bis jetzt macht der Anteil der Studenten ohne Abitur in Deutschland nur fünf Prozent aus, wie eine Studie des Hochschul-Informations-Systems ergeben hat. Im europäischen Vergleich landet Deutschland damit auf einem der hinteren Plätze. Dabei, so Dieter Gnahs vom DIE, seien solche Studenten fast immer eine Bereicherung für die Universität. "Personen, die diesen Weg gehen wollen, sind meistens sehr motiviert", berichtet Gnahs von seinen Erfahrungen als Hochschullehrer. Staatliche Stipendien seien daher sinnvoll.