BEHINDERTE
Ein Unfall muss nicht das Ende der Arbeit sein
Eigentlich wollte Johann Steber Flugzeugmechaniker werden. Die Ausbildung hatte schon begonnen, als der damals 16-Jährige einen schweren Motorradunfall hatte. Der rechte Unterschenkel ist teilweise gelähmt, Steber gilt als schwerbehindert. "Mein Traumberuf war dahin, und ich konnte mir nicht vorstellen, wer mich mit der Behinderung noch nehmen würde", erzählt er. Auf Initiative seines Vaters bekam er eine Ausbildung in der Sparkasse Fürstenfeldbruck bei München. "Erst habe ich als Bankkaufmann mit Kunden gearbeitet, mich dann hausintern in der EDV fortgebildet und betreue heute im Bereich Öffentlichkeitsarbeit Kunstausstellungen", berichtet Steber. Für seine Kollegen ist er eine ganz normale Arbeitskraft. Schiefe Blicke gibt es nicht. Insgesamt arbeiten 38 Menschen mit Handicap in der Sparkasse. Rollstuhlfahrer, Taubstumme und Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen.
"Ein tolles Vorbild, das leider noch Seltenheitswert hat", sagt Bettina Lindmeier, Professorin für Sonderpädagogik an der Universität Hannover. Denn die Arbeitslosenquote ist im Vergleich zu Nichtbehinderten noch immer recht hoch: Im vergangenen Jahr lag sie bei 16,6 Prozent. Viele Arbeitgeber zögern. "Praktika können helfen, diese Schwelle zu nehmen", sagt die Expertin für Behindertenpädagogik. Oft entstehen Behinderungen erst im Laufe des Arbeitslebens. Weiterbildung ist daher enorm wichtig. Möglich sind diese zum Beispiel in einem Berufsförderungswerk. Insgesamt mehr als 230.000 Menschen, die ihren Job aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnten, haben sich dort schon weiterqualifiziert.
Ein Tischler bildete sich beispielsweise nach einem Betriebsunfall zum Kundenberater für einen Heimhandwerkermarkt fort. Die Qualifizierungen werden mit Praktika verbunden, um Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern zu knüpfen. Oftmals enden sie mit einem anerkannten IHK-Abschluss. In Berufsbildungswerken können junge Menschen mit Behinderungen zudem eine Ausbildung machen und danach auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen.
Bei der Eingliederung unterstützen Integrationsfachdienste. Und auch Werkstätten für Behinderte helfen, sich wieder fit für den Arbeitsmarkt zu machen und neue Fertigkeiten zu erlernen. Sie sollen zudem eine Übergangsstation von Förderschulen ins Berufsleben sein. "Trotzdem gelingt der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt noch zu selten", sagt Bettina Lindmeier. "Behinderte Menschen können eine Menge leisten und sind oft ehrgeiziger als Nichtbehinderte. Wenn alle zusammen lernen, fallen die Barrieren in den Köpfen."