In den 1970er Jahren galt Hans-Ulrich Klose als Hoffnungsträger der Jusos. Mit seiner Nachdenklichkeit und betonten Intellektualität gewann er viele Anhänger, rief jedoch in der SPD auch Kritiker auf den Plan: "Hafen-Hamlet" titulierte man ihn etwa während seiner rund siebenjährigen Amtszeit als Erster Bürgermeister in Hamburg. "Querkopf" nennt sich der 71-jährige Bundestagsabgeordnete dagegen selbst. "Ich habe so einen genetischen Defekt", scherzt er. "Wenn alle einer Meinung sind, denke ich: Das kann nicht richtig sein." Zweifel auszusprechen scheute er sich nie - auch nicht, die Konsequenzen zu tragen: 1980/81 bewegten ihn die Massenproteste gegen den Bau des Atomkraftwerks Brokdorf zu einem Kurswechsel in der Kernenergie-Politik. Als der Parteivorstand nicht mitzog, trat Klose als Regierungschef zurück. "Ich will morgens noch ehrlich in den Spiegel schauen und mein Bild darin erkennen können. Mein Bild, nicht irgendein anderes", wurde er später zitiert.
Nach seinem Rückzug aus der Landespolitik gelang ihm 1983 der Sprung in den Bundestag. Von 1991 bis 1994 war er SPD-Fraktionschef, danach bis 1998 Vizepräsident des Bundestags, anschließend bis 2002 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, dessen stellvertretender Vorsitzender er noch heute ist. 2003 übernahm er zudem den Vorsitz der Parlamentariergruppe USA. Seine kritische Haltung der Partei, aber auch sich selbst gegenüber begleitete ihn trotz dieser verantwortungsvollen Ämter sein politisches Leben lang. "Ich war wahrscheinlich nie ein hundertprozentiger Sozialdemokrat", sagt er nachdenklich. "Manchmal war ich rechter, manchmal linker als die Partei." Dennoch sei er immer Sozialdemokrat geblieben - wenn auch ein skeptischer, wie der Abgeordnete hinzufügt. 1964 war Klose in die SPD eingetreten, wie viele seiner Generation begeistert von Willy Brandt und beseelt von dem Gedanken, sich politisch zu engagieren. "Wenn du nicht willst, dass es die roten oder braunen Banausen machen, dann mach es selbst", das hatte ihm sein Vater, selbst SPD-Mitglied, schon früh mit auf den Weg gegeben. Politisch prägend war für den jungen Klose jedoch vor allem ein Austauschjahr in den USA. 1953 hatte er sich für ein von den Amerikanern gerade neu eingerichtetes Austauschprogramm beworben und war ausgewählt worden. Ein Jahr lebte er daraufhin bei einer Familie in Clinton im Bundesstaat Iowa und besuchte die dortige High School. Für Klose eine unvergleichliches Erlebnis: "Ich habe in dieser Zeit nicht nur viel über Amerika erfahren, sondern auch über mein eigenes Land." In der Schule belegte er das Fach Politik und sah, wie ausgeprägt die Mitbestimmung der Schüler war: "Da gab es richtige Wahlkämpfe!"
Vor allem aber lernte der 17-jährige Klose ein Land kennen, dessen Name für ihn schon als Kind einen verheißungsvollen Klang hatte: Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte er seine schlesische Heimat verlassen müssen - auf Viehwagen, ohne genau zu wissen wohin. "Damals hörte ich zum ersten Mal das Wort Amerika", erzählt Klose. "Einer der Erwachsenen auf dem Wagen flüsterte: Hoffentlich kommen wir zu den Amerikanern." Für den Achtjährigen wurde Amerika so zum Inbegriff für Sicherheit und Freiheit, für den jungen Erwachsenen später zum Garanten für Demokratie. Diese Haltung gilt auch noch heute für den Außenpolitiker Klose. Die Existenz eines Gefangenenlagers wie Guatánamo habe ihn zwar kritischer werden lassen gegenüber der Regierung Bush, gibt Klose zu, doch an seiner positiven Einstellung gegenüber Amerika habe dies nichts geändert.
Für die Parlamentariergruppe USA ein Glücksfall. Als Klose die Aufgabe 2003 übernahm, waren die Beziehungen durch das "Nein" des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) zum Irak-Krieg deutlich angekratzt. "Die Amerikaner wollten schon gar nicht mehr mitmachen", erinnert sich Klose "so enttäuscht waren sie von den Deutschen." Dass die Parlamentariergruppe die Krise aber überstand und das gegenseitige Vertrauen wieder hergestellt werden konnte, hat viel mit Kloses Verbundenheit mit Amerika zu tun. "Ach was", winkt er ab. Viel habe er gar nicht getan: "Ich habe denen einfach von meiner Zeit in den USA erzählt."