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Renate Gradistanac
Mitglied des Deutschen Bundestages
SPD
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Rede im Deutschen Bundestag am 11. Oktober 2001

zum Thema:

2./3. Lesung Regierungsentwurf eines Gleichstellungsdurchsetzungsgesetzes

Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Bundesregierung hat mit ihrem Programm „Frau und Beruf“ Aufbruch in der Gleichstellungspolitik ein anspruchsvolles Arbeitsprogramm für diese Legislaturperiode vorgelegt.

Dazu gehört ein effektives Bundesgleichstellungsgesetz - Gleichstellungsdurchsetzungsgesetz, das wir heute in 2./3. Lesung verabschieden werden.

Das bisherige Frauenfördergesetz wird aufgehoben, da es nicht die erhoffte Wirkung erzielt hat.

Der neue Ansatz, der durch Begriffe wie Gleichstellung, Gleichstellungsplan und Gleichstellungsbeauftragte geprägt ist, zeigt die neue Philosophie dieses Gesetzes:

Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Handlungs- und Leitprinzip zu berücksichtigen - so genanntes Gender Mainstreaming.

Damit ist das Prinzip der Gleichbehandlung überholt, das problematisch ist, weil daraus abgeleitet wird, dass Frauen wie Männer zu behandeln sind, die Norm also der Mann ist.

Kursangebote, wie z.B. „Wie entwickle ich einen Killerinstinkt?“ , „Wie gehe ich mit dem Büro-Casanova um?“, „Wie verschaffe ich mir Gehör bei Besprechungen?“, zielten darauf ab, Frauen zu helfen, die besseren Männer zu werden.

Es wird von der Vorstellung ausgegangen, dass Frauen Defizite haben.

An den in erster Linie für die Benachteiligung von Frauen verantwortlichen kulturellen und organisatorischen Strukturen wurde nicht gerührt.

Wie heißt es in unserem SPD-Grundsatzprogramm so zutreffend: “Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche Gesellschaft überwinden“.

Bei Gender Mainstreaming geht es also darum, dass Frauen und Männer in ihrer ganzen Vielfalt ihren Platz finden und ihr gesamtes Potenzial an Fähigkeiten entfalten können. Fähigkeiten wie die der Kommunikation, Teamarbeit und Konsensbereitschaft.

Das heutige Gesetz findet seine Anwendung in der Bundesverwaltung, an den Gerichten des Bundes, in der Bundesverwaltung in Privatrechtsform und soll auf Soldatinnen und Soldaten erweitert werden.

Damit wird der Bund seiner Verantwortung und seiner Vorbildfunktion gerecht, die sich auch in gesetzlich festgeschriebener Verwendung geschlechtsspezifischer Sprache in Rechts- und Verwaltungsvorschriften ausdrückt. Endlich!

Ich wünsche mir, dass dieses gute zukunftsgerichtete Gesetz die Unterstützung in unserer Gesellschaft erhält, die es benötigt, um durchgreifende Veränderungen zu bewirken.

Das Gleichstellungsdurchsetzungsgesetz entspricht im übrigen

  • dem Verfassungsauftrag unseres Grundgesetzes,
  • den Vorgaben des EG-Vertrages,
  • sowie völkerrechtlichen Verpflichtungen.
Ich erinnere an den Artikel 11 des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau- CEDAW. Das Frauenrechts-Übereinkommen von 1979 ist das erste umfassende internationale Instrument zum Abbau geschlechtsspezifischer Diskriminierung.

Ich erinnere an die Ächtung der Genitalverstümmelung von Frauen. Bislang fehlten aber wirksame Kontrollmechanismen zur Einhaltung durch die Vertragsstaaten.

Ich freue mich, dass nun die Ratifizierung des CEDAW-Zusatzprotokolls ansteht. Die Bundesregierung stärkt die nationalen Frauenrechte durch die Möglichkeit von Individualbeschwerde- und Untersuchungsverfahren vor dem UN- Frauenausschuss. Für mich ein Ausdruck einer gereiften Demokratie.

Wünschenswert wäre die internationale Einigkeit, unabhängig von Kultur und Religion, dass die Missachtung der Rechte der Frauen, ich denke beispielhaft an die afghanischen Frauen, deutlicher als Menschenrechtsverletzung geächtet wird.