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Renate Gradistanac
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Rede im Deutschen Bundestag am 8. November 2001

zum Thema: Cedaw - Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

Frau Präsidentin,

meine Damen und Herren,

„bisher war sie eine zahnlose Tigerin, die „UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau“, kurz Cedaw. Ab jetzt können diskriminierte Frauen direkt vor dem UN-Frauenrechtsausschuss klagen oder die Überprüfung eines frauenfeindlichen Gesetzes beantragen.“

Soweit mein Zitat aus der letzten Emma.

Frauen oder Frauenrechtsorganisationen können also künftig ihre Rechte vor dem UN-Frauenrechtsausschuss geltend machen, wenn der nationale Rechtsweg ausgeschöpft ist. Damit stärkt das Fakulativprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau die nationalen und internationalen Rechte der Frauen.

Das über 20jährige Cedaw-Abkommen hat Schwächen durch das Recht der Vertragsstaaten auf Vorbehalte. Auch die Bundesrepublik Deutschland hat 1985 ihren Vorbehalt bei der Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde erklärt. Der Grund dafür war, dass der freiwillige Dienst von Frauen mit der Waffe in der Bundeswehr damals nicht möglich war. Heute ist dies verfassungsrechtlich geklärt und der Vorbehalt kann zurückgenommen werden.

Eine Reihe von Vertragsstaaten begründet ihre Vorbehalte mit dem Verweis auf Religion und religiöses Recht oder mit dem Verweis auf traditionelle Gebräuche. Vorbehalte gibt es z.B. gegen den Artikel 16 (Ehe und Familie) von Staaten mit islamischer Religion.

Dadurch wird die Wirksamkeit des Übereinkommens erheblich eingeschränkt.

Das Frauenrechtsübereinkommen hat im übrigen die meisten Vorbehalte von allen Menschenrechtsübereinkommen.

Anfang des Jahres 2000 wurden die deutschen Staatenberichte, die die Situation in Deutschland bis 1998 widerspiegeln, präsentiert. Der Cedaw-Ausschuss zeigte sich betroffen darüber, dass Teilzeitbeschäftigung vor allem im Bereich gering qualifizierter Tätigkeiten angeboten wird und deshalb weniger Möglichkeiten für berufliches Vorankommen bestehen.

Weiter war der Ausschuss betroffen darüber, dass Einrichtungen, die zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf gedacht sind, wie z.B. Kinderkrippen, Ganztagskindergärten und Betreuungseinrichtungen für Kinder im schulpflichtigen Alter, nur in geringem Umfang zur Verfügung stehen und insbesondere Ganztagsschulen in Deutschland die Ausnahme darstellen.

Der Cedaw-Ausschuss lobte die neue SPD-geführte deutsche Bundesregierung dafür, dass sie eine große Delegation mit einem umfangreichen Sachverstand geschickt hat, die von der Parlamentarischen Staatssekretärin Edith Niehuis im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geleitet wurde.

Der Ausschuss lobte die neue Regierung weiterhin für ihre breit angelegten gesetzgeberischen und politischen Initiativen, Programme und Projekte, die der verfassungsrechtlichen Garantie der Gleichberechtigung von Frauen und Männern tatsächliche Geltung verschaffen sollen.

Insbesondere das Programm „Frau und Beruf“, das darauf ausgerichtet ist, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen zu ermöglichen.

Mit unserem „Aktionsprogramm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen“, mit dem Kernstück des heute verabschiedeten Gewaltschutzgesetzes, haben wir die Anregungen des Ausschusses aufgenommen, Schritte zur Bekämpfung häuslicher und familiärer Gewalt zu unternehmen.

Positiv wurde vermerkt, dass die SPD-geführte Bundesregierung eine Studie über die Lebenssituation und soziale Integration ausländischer Frauen und Mädchen in Auftrag gibt.

Der Ausschuss bittet darum, im nächsten Bericht eine umfassende Bewertung der Situation ausländischer Frauen vorzunehmen, einschließlich ihres Zugangs zu Bildung und Ausbildung, zu Arbeit und den damit verbundenen Sozialleistungen sowie zur Kranken- und Sozialversicherung.

Ich gehe davon aus, dass das Cedaw-Beschwerderecht lebendiges Recht sein wird, das von Frauen und Frauenbewegten aktiv für die Herstellung von tatsächlicher Gleichberechtigung genützt werden wird.

Vorrangiges Ziel muss jetzt sein, nachdem man sich auf das neue Instrument geeinigt hat, dass möglichst viele Cedaw-Vertragsstaaten das Zusatzprotokoll ratifizieren, denn nur Frauen aus diesen Vertragsstaaten werden es anwenden können.

Lobenswert finde ich, dass die SPD-geführte Bundesregierung erstmals eine Broschüre herausgegeben hat, um Cedaw einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Ich wünsche mir, dass in Zukunft für die Frauenbewegung, die seit jeher international vernetzt und gut organisiert ist, die Hemmschwelle, sich auf ein internationales Verfahren einzulassen, geringer wird.

Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen ist nicht nur als soziales oder politisches, sondern auch als rechtliches Problem zu sehen.