Kommentar Niederelbe-Zeitung: |
Mai 2009 |
Solidarisch durch die Krise
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„Ich weiß nicht“, antworten seriöse Wirtschaftswissenschaftler auf Fragen
wie die, ob die Konjunkturprogramme in allen Ländern bald wirksam werden
oder wohin uns die Krise führt. Niemand kann heute die Entwicklung
voraussagen und so macht sich weltweit Unsicherheit und zunehmend auch Angst
breit.
Was kann man als Politikerin oder Politiker in solch einer Situation leisten? Was kann die Bevölkerung von den von ihr gewählten Regierenden erwarten? Vieles von dem, was die Bürgerinnen und Bürger von uns erwarten, stellt die Politik vor Herausforderungen, die nur schwer oder vielleicht auch gar nicht zu bewältigen sind, denn wir stehen vor einer kaum mehr zu durchschauende Verflechtung der Welt. Was in Taiwan, China, Ungarn, Argentinien oder sonst wo passiert, hat Auswirkungen auf Länder, die auf der anderen Seite der Erdkugel liegen. Vor allem sind die Länder getroffen, die durch den Export von der Globalisierung profitierten, Deutschland als „Exportweltmeister“ trifft die Verflechtung nun besonders hart. Dazu kommt dann auch noch, dass die Welt inzwischen – auch ohne Banken, Finanz- und Wirtschaftskrise - vor uns vielleicht überfordernden Problemen steht. Fast vergessen ist im Moment der Klimawandel mit seinen Folgen, der die Welt noch gravierender verändern kann als die derzeitige weltweite Rezession. Auch da wurde viel zu lange gewartet. Jahrzehntelange Fehler der Vergangenheit holen uns jetzt ein, bei den Banken und beim Klima. Einfache Antworten kann es da nicht geben? Sicher nicht! Aber die einfachste und vielleicht sogar wirkungsvollste Antwort ist, dass wir solidarisch zusammenstehen und in diesem Zusammenstehen mit Mut und Zuversicht agieren müssen. Wir müssen soziale Gerechtigkeit und so viel wie möglich an Sicherheit für den einzelnen zu bewahren, damit unsere Gesellschaft nicht noch weiter auseinander bröckelt. In den vergangenen Jahren haben die Einkommensunterschiede in unserem Land erschreckend zugenommen und die Kluft zwischen Arm und Reich ist ständig tiefer geworden. Gerade jetzt müssen wir hier gegensteuern. Das Bundeskabinett hat durch eine Rentenschutzklausel künftig Rentenkürzungen ausgeschlossen. Bisher hatten wir schon eine Gesetzeslage, die bei „geringem Lohnzuwachs“ Rentenkürzungen ausgeschlossen hat, jetzt wurde diese Klausel erweitert, so dass sie auch bei „sinkenden Löhnen“ gilt. Sie gibt der jetzigen und bald folgenden Rentnergenerationen Sicherheit, verlangt aber auch die Solidarität zwischen den Generationen. Denn eine Voraussetzung für das Funktionieren dieses Systems der Altersvorsorge sind ausreichend viele sichere und existenzsichernde Arbeitsplätze. Arbeitsplätze, die eigentlich keinerlei sinkende Löhne mehr verkraften! Deshalb wollen wir ja auch als absolut untere Auffanggrenze Mindestlöhne – wie es sie in den meisten europäischen Nachbarländern gibt. Zur Rettung der Arbeitsplätze – und zugleich der Fachkräfte für die Unternehmen – haben wir sofort mit Beginn der Krise das Instrument der Kurzarbeit ausgebaut, das die Menschen in Arbeit hält. Der Staat erstattet zusätzlich zurzeit die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge, die die Arbeitgeber für die ausgefallene Arbeit zahlen müssen. Mit dieser Förderung können wir auch längere Zeit sehr direkt helfen. Unverzichtbar sind natürlich für die Zukunft die Begrenzung von Managergehältern, Haftungsverantwortung und weltweite klare Finanzregeln und Kontrollmechanismen. Solidarisches Zusammenstehen bedeutet aber auch, dass Gering- und Durchschnittsverdiener steuerlich weiter entlastet werden und die mehr als gut Verdienenden auch mehr zur Finanzierung der notwendigen Staatsaufgaben in Deutschland beitragen. Die Starken müssen die Schwachen tragen, wenn alle durchkommen sollen: in einer Krise wie dieser zeigt sich die Qualität einer Gesellschaft – und sie muss sich beweisen! |