Bundestag diskutierte über Straßenbaubericht 2007
Die Infrastruktur ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Darin sind sich alle einig. Die Meinungen gehen allerdings auseinander, ob die jährlichen Milliardeninvestitionen in Straße und Schiene ausreichen und in die richtigen Projekte gesteckt werden. Dies wurde am 21. Februar im Bundestag bei der Debatte um den Straßenbaubericht 2007 ( 16/7394) deutlich.
1,647 Milliarden Euro hat der Bund danach von Dezember 2006 bis
Juni 2007 für den Bau von Bundesautobahnen ausgegeben, 790
Millionen Euro für Bundesstraßen. Im ersten Halbjahr
2007 sind bundesweit 28 Ortsumgehungen mit einer Gesamtlänge
von rund 110 Kilometern für den Verkehr freigegeben worden.
Insgesamt sind bei den Bundesstraßen 44 Kilometer vier- und
111 Kilometer zweispurig ausgebaut worden. Auf 183 Kilometer
beziffert der Bericht die Neubaustrecken von Autobahnen; 60
Kilometer wurden auf sechs und mehr Spuren erweitert.
Für Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sind diese Zahlen eindeutig. "Wir haben in Deutschland ein hervorragend ausgestattetes, dichtes Netz an Bundesfernstraßen, das sich mit den anderen europäischen Staaten messen kann." Der Zustand der Straßen sei "im Durchschnitt" gut. Für beachtlich hält der Minister jedoch nicht nur die Investitionen in die Straßen direkt, sondern auch in den Lärmschutz. So wurden 2007 insgesamt 65 Kilometer Lärmwände errichtet und Lärmschutzwälle in einer Großenordnung von 75 Kilometern. Außerdem wurden 12.000 Quadratmeter Lärmschutzfenster eingebaut. Auch in die Radwege wurde investiert: Rund 80 Kilometer sind an Bundesfernstraßen entstanden.
Finanziert wurde dies laut Tiefensee nicht nur mit Investitionen
über den Haushalt, sondern vermehrt über Public-Private-Partnership-Modelle. Beispiele
dafür sind die A8 Augsburg-München und die A4 in
Thüringen. Weiter trat Tiefsee dafür ein, die
Planungsverfahren zu beschleunigen. "Wir brauchen kürzere
Zeiträume zwischen der Idee, Entwicklung eines Konzepts und
der Realisierung", so der Minister. Insgesamt sieht er das Geld gut
angelegt.
Auch für die Union ist das Geld gut investiert. Ihr Sprecher Klaus W. Lippold machte jedoch deutlich, dass es bei der Erhaltung der Infrastruktur noch Nachholbedarf gibt. Die Formulierung des Ministers "im Durchschnitt sei das Straßennetz gut" mache deutlich, dass es Abweichungen nach oben und nach unten gibt. Zwar sei in den neuen Bundesländern hervorragendes geleistet worden, allerdings gebe es jetzt Defizite in den alten Bundesländern. "Auch hier muss etwas getan werden", sagte Lippold. Früher habe es geheißen, wenn man von Hessen nach Thüringen fahre, merke man es an der Straße, heute sei es umgekehrt. Das könne auf Dauer nicht so weitergehen. Wegen den notwendigen Investitionen in Brückenbauten und den Lärmschutz bleibe kein Geld mehr für Neubauten. Ein weiteres Problem sind für Lippold die Rastplätze an Bundesautobahnen, bei denen es einen Engpass gibt.
Dies gilt jedoch nicht nur für fehlende Rastplätze. Rund 48.100 Kraftfahrzeuge waren in den ersten sechs Monaten des Jahres 2007 im Durchschnitt täglich auf deutschen Autobahnen unterwegs. 15,2 Prozent davon waren Busse und Lkw, die schwerer als 3,5 Tonnen sind. Auf Bundesstraßen waren im Schnitt 9.130 Kraftfahrzeuge jeden Tag unterwegs. Aktuelle Verkehrsprognosen bestätigen, dass der Straßenverkehr langfristig an Bedeutung zunimmt. Für den Güterverkehr wird bis zum Jahr 2050 eine Verdopplung erwartet, und auch beim Personenverkehr ist - trotz der demografischen Entwicklung einer älter werdenden Gesellschaft - mit einer weiteren Zunahme zu rechnen.
Für Jan Mücke (FDP) stellt sich daher die Frage, ob Deutschland dafür fit ist. Dies gelte vor allem für den Zustand der Straßen: nur rund 58 Prozent seien voll gebrauchsfähig, 17,9 Prozent seien leicht eingeschränkt und 23,5 Prozent stark eingeschränkt gebrauchsfähig. "Dieses Zahlen sind erschreckend", so der FDP-Abgeordnete. Dies gelte auch für den Ausbau der Fernstraßen, der "nicht erfreulich" sei. Insgesamt habe die Länge der Bundesfernstraßen um 104 Kilometer abgenommen. Mücke kritisierte auch die Finanzierung der Verkehrswege, die in den letzten Jahren abgenommen habe und die bei weitem nicht den Mindestbetrag von 6,5 Milliarden Euro im Jahr erreiche.
Für Dorothée Menzner (Die Linke.) fließt zu viel Geld in den Neubau von Straßen. Sie hält den Erhalt und den Ausbau der bestehenden Straßen für wichtiger. Insgesamt fehlte ihr im Straßenbaubericht eine kritische Abwägung von Maßnahmen. Um die Transportprobleme der Zukunft lösen zu wollen, müsse auch die Bahn mit in die Verantwortung genommen werden. Nur die Kombination aller Verkehrsträger werde helfen, Probleme zu lösen.
Kritisch steht auch Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) dem Neubau von Straßen gegenüber. Eine zentrale Aufgabe der Verkehrspolitik sei es, Mobilität für alle zu sichern. Angesichts von Rohölpreisen von mehr als 100 Dollar je Barrel stelle sich die Frage, ob der Neubau von Straßen die richtige Antwort sei. Viele der jetzt gebauten Projekte seien vor mehr als 30 Jahren geplant worden, seitdem hätten sich aber die Verkehrsströme verlagert. Er fragt: "Können wir es uns wirklich leisten, so überholte Planungen noch weiter umzusetzen?"