Exterritoriale Staatenpflichten Thema im Menschenrechtsausschuss
In Afghanistan dürfe die Bundeswehr festgenommene Talibankämpfer nur dann an die örtliche Polizei überstellen, wenn gründlich geprüft worden sei, dass die Gefangenen keiner Folter und keinen Misshandlungen ausgesetzt sind. Mit dieser Forderung illustrierte Rechtsanwalt Reinhard Marx im Menschenrechtsuasschuss die Verantwortung der deutschen Regierung, auch bei Aktivitäten im Ausland die Standards der UN-Menschenrechtserklärung und der Menschenrechtskonvention des Europarates einzuhalten.
Der Ausschuss hörte am Mittwoch, dem 17. Dezember 2008,
Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung zum
Thema der "exterritorialen Staatenpflichten". Aus Sicht von
Prof. Dr. Andreas Zimmermann (Universität
Kiel) muss die Bundesmarine beim internationalen Einsatz gegen
Piratenschiffe vor Somalia verhaftete Verdächtige, die auf
deutschen Schiffen festgehalten werden, eigentlich
unverzüglich einem Richter vorführen. Dabei seien jedoch
„die Besonderheiten der Lage auf See zu
berücksichtigen“.
Verbot der Kinderarbeit gilt universell
Brigitte Hamm von der Universität Duisburg/Essen erläuterte, dass die Bundesregierung bei der Ausgestaltung bilateraler Verträge für Investitionsprogramme oder bei der Vergabe von Kreditbürgschaften an international tätige Konzerne darauf dringen könne, in der Dritten Welt Grundrechte zu beachten. So habe das Verbot der Kinderarbeit universelle Geltung.
In ihren Erklärungen vor dem Ausschuss sagten alle
Sachverständigen, die neuere wissenschaftliche Diskussion und
internationale Instanzen wie der Straßburger
Menschenrechtsgerichtshof gingen mittlerweile davon aus, dass die
Respektierung von Menschenrechten auch im Falle von
Aktivitäten des Staates und der Wirtschaft im Ausland
eingefordert werden könne.
Prinzip der Nichteinmischung
Wie Marx rief Hamm jedoch in Erinnerung, dass Regierungen Menschenrechtsnormen ursprünglich nur auf dem eigenen Territorium zu wahren hatten – schließlich gelte das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes. Auch heute noch halte beispielsweise Kanada diesen Grundsatz mit dem Argument hoch, in der Praxis sei eine Ausdehnung exterritorialer Staatenpflichten kaum zu bewältigen.
Prof. Dr. Eckart Klein (Universität Potsdam)
sagte, nach wie vor seien Regierungen primär für die
Beachtung von Menschenrechten auf ihrem eigenen Territorium
zuständig. Zwar existierten auch bei Aktionen des deutschen
Staats im Ausland solche Verpflichtungen, doch könne dort die
Durchsetzung der hierzulande geltenden Grundrechte nur in
abgeschwächter Weise erfolgen.
Bei UN-Friedensmissionen komme es darauf an, ob für eventuelle Menschenrechtsverletzungen eine der Regierungen, die Truppen entsendet, oder die UNO verantwortlich zu machen sei. Klein beklagte, dass Auslandseinsätze der Bundeswehr bislang verfassungsrechtlich nicht klar geregelt seien.