Berlin: (hib/JOH) Im Ausbau Erneuerbarer Energien liegt ein enormes Potenzial für die Armutsbekämpfung in Afrika. Darin waren sich Sachverständige am Mittwochmorgen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einig. Gegenwärtig haben nur 8 Prozent der ländlichen Bevölkerung und 51 Prozent der städtischen Bevölkerung in Subsahara-Afrika überhaupt Zugang zu Energie. Auch ist Afrika, obwohl es nur einen geringen Anteil an den weltweiten CO2-Emmissionen hat, nach Auffassung der Experten von den Auswirkungen des Klimawandels extrem betroffen. Erneuerbare Energien spielen in Afrika dennoch bisher kaum eine Rolle. Wie Paul Suding von der GTZ in Kairo erklärte, werde der Primärenergieverbrauch in Afrika heute zu rund 50 Prozent aus Biomasse gedeckt, die andere Hälfte stamme aus fossilen Energieträgern wie Öl, Kohle und Gas. Dabei, so Suding, sei "überall in Afrika mindestens eine Erneuerbare Energien-Ressource reichhaltig verfügbar". Solarenergie gebe es fast überall, auch Wind und Wasserkraft seien vorhanden.
"Eine gesicherte Energieversorgung ist eine zentrale Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung", betonte Bruno Wenn von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). "Wenn es keine Energie gibt, dann können Krankenstationen, Krankenhäuser und Pumpen, die für die Wasserversorgung notwendig sind, nicht betrieben werden." Tatsache sei jedoch, dass sich Afrika in einer massiven Energiekrise befinde, besonders auf dem Land. Dreiviertel der Energieversorgung Afrikas basiere auf Biomasse, die durch Holz sichergestellt werde. "Das ist eine erhebliche Belastung vorwiegend für Frauen und Kinder, die immer mehr Zeit aufwenden müssen, um Holz aufzutreiben". Gleichzeitig steige bei weiterhin hohem Bevölkerungswachstum der Nutzungsdruck auf die knappen Ressourcen. "Das ist ein riesiges Problem", so Wenn. Schätzungen zufolge müssten in den kommenden 12 Jahren 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr in die zentrale Energieversorgung Afrikas investiert werden. "Darin liegt aber auch eine große Chance", sagte Wenn. "Wir können diese Krise dazu nutzen, um einen völlig anderen, viel umweltverträglicheren und viel weniger krisenanfälligeren Energiepfad einzuschlagen, ohne die hohe Abhängigkeit vom Öl und den damit verbundenen Preisschwankungen."
Prof. Dieter Holm von der International Solar Energy Society (ISES) in Südafrika betonte, Erneuerbare Energien seien "die ultimative Waffe" für eine künftige umfassende Beteiligung der Bürger an der Gesellschaft. Diese Beteiligung führe zu mehr Freiheit, Gleichheit, Demokratie und Wohlstand. Afrika, sagte er weiter, verfüge über 95 Prozent der weltbesten Winter-Sonnenschein-Regionen. Es könne demnach 95 Prozent der weltweiten Solarenergie erzeugen - "für seinen eigenen Verbrauch, plus einen guten Überschuss für den Export". Dass Afrika auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien dennoch so zurückhaltend sei, führte Holm nicht auf den Mangel an Geld, Arbeitskraft oder Technik zurück, sondern auf einen "Mangel an politischen Willen". Auch sei vielen privaten Investoren das Risiko zu groß angesichts der politischen und wirtschaftlichen Instabilitäten in vielen Ländern Afrikas. Bruno Wenn ergänzte, die Strukturen auf dem afrikanischen Energiemarkt seien überaus stark auf die konventionellen Energien ausgerichtet. Es gebe kaum gesetzliche Regelungen, etwa für Einspeisevergütungen. Zudem würden konventionelle Energien in hohem Maße subventioniert. "Wer sich hier im privaten Sektor engagiert, geht ein enormes Risiko ein", so Wenn.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Claudia Heine,
Sebastian Hille, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Johanna
Metz, Annette Sach, Helmut Stoltenberg, Alexander Weinlein