Berlin: (hib/SKE) Das Unesco-Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes kann helfen, die Werte der eigenen Kultur besser zu verstehen. Zu diesem Schluss kam der Großteil der Sachverständigen während der nicht-öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Kultur und Medien am Mittwochnachmittag. Das Übereinkommen lasse viel Spielraum für die Staaten, kulturelles Erbe wie Musik, Tänze, aber auch spezielles Wissen und besondere Fertigkeiten selbst zu definieren. Die Kosten hielten sich in Grenzen.
Das Unesco-Übereinkommen trat im April 2006 in Kraft, nachdem es 30 Staaten ratifiziert hatten. Es soll eine Ergänzung zur Weltkulturerbekonvention sein. Während zum "Weltkulturerbe" Kultur- und Naturdenkmäler gezählt werden, stehen auf der seit Ende 2008 feststehenden "Repräsentativen Liste des immateriellen Kulturerbes" etwa die "Kosmische Weltsicht, Mythen, Rituale und Medizin der Kallawaya", einer ethnischen Gruppe aus Bolivien, und die traditionelle Kunqu-Oper aus China. Deutschland hat das Übereinkommen nicht ratifiziert.
"Die Konvention bietet ausgezeichnete Bedingungen, das immaterielle Kulturerbe zu fördern", sagte Margit Siim von der Unesco-Kommission Estlands. Estland hat die Konvention ratifiziert und zwei Kulturerbe in die Repräsentative Liste eintragen lassen. In Estland habe die Regierung versucht, über "Runde Tische" möglichst viele Menschen an der Entscheidung darüber zu beteiligen, welche Traditionen als schützenswert ausgewählt werden sollten. Für den Aufbau einer nationalen Datenbank zum immateriellen Kulturerbe seien bisher 30.000 Euro investiert worden, dazu kämen Kosten für die fünf bis sechs regionalen Kulturprogramme von jeweils 150.000 Euro. Die Investitionen würden aber nicht nur vom Staat, sondern aus verschiedenen Töpfen, bis hinunter zu den Kommunen, finanziert. David Vitali, Leiter des Internationalen Bundesamtes für Kultur in der Schweiz, berichtete, insbesondere die Kantone hätten die Ratifikation des Übereinkommens begrüßt. Die Bedeutung immateriellen Kulturerbes sei in der Schweiz schon lange bekannt und werde gefördert. Von anfänglichen Widerständen berichtete Maria Walcher von der Unesco in Österreich. Der Ratifikationsprozess solle in dieser Woche abgeschlossen werden. "Immaterielles Kulturerbe wurde erst zur Folklore gezählt", sagte Walcher. Inzwischen habe man erkannt, dass darunter auch traditionelle Heilmethoden und Heilmittel fallen können.
Für die Kultusministerkonferenz begründete Enoch Lemcke, Abteilungsleiter für Kultur im Kultusministerium Mecklenburg-Vorpommerns, die "zurückhaltende Haltung der Bundesländer" gegenüber dem Abkommen. Diese sei zum einen in der "schwierigen Definition des Schutzgegenstandes" begründet, aber auch aufgrund des Auswahlverfahrens und der "unklaren Abgrenzung zu anderen Resolutionen". "Man wartet auf Deutschland", sagte Roland Bernecker, Generalsekretär der deutschen Unesco-Kommission. Ob eine weitere Ablehnung des Übereinkommens Deutschland Schaden zufügen konnte, vermochte er nicht konkret zu sagen. Insgesamt sei die Bundesrepublik in der Unesco gut angesehen. Walcher hob hervor, dass durch einen Beitritt Deutschlands die europäische Position in dem Komitee gestärkt würde, das über die Repräsentative Liste entscheide. "Es macht einen Unterschied, ob Deutschland nur als Beobachter oder als Mitglied dabei ist", betonte Walcher.
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