Gegenstand der Anhörung, die am Donnerstagvormittag um 8.00 Uhr fortgesetzt werden soll, sind fünf Gesetzentwürfe, die der Umsetzung des Vertrags von Lissabon im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni (Aktenzeichen 2 BvE 2/08) dienen. In diesem Urteil hat das Gericht das sogenannte Begleitgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt, weil Beteiligungsrechte von Bundestag und Bundesrat am europäischen Integrationsprozess nicht hinreichend ausgestaltet worden waren. Gleichzeitig hatten die Karlsruher Richter konkrete Vorgaben für die Ausgestaltung eines neuen Gesetzes gemacht und die Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde vom Inkrafttreten dieses Gesetzes abhängig gemacht.
Mit den nun vorgelegten Begleitgesetzen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen sei eine verfassungskonforme Grundlage geschaffen worden, um die vom Gericht angemahnte Integrationsverantwortung erfüllen zu können, lautete die Einschätzung von Christian Callies, Professor an der Freien Universität Berlin, und Franz C. Mayer, Professor der Universität Bielefeld. Das sogenannte Integrationsverantwortungsgesetz setze die zwingenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in ”verfassungskonformer“ (Callies) und ”eindeutiger“ (Mayer) Weise um.
Dem folgten Jürgen Schwarze, Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. und Matthias Ruffert, Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Ratifizierung stehe nun nichts mehr im Weg. Im Detail gebe es Klarstellungsbedarf, der allerdings nicht die Verfassungskonformität generell in Frage stelle.
Kritischer äußerte sich Armin von Bogdandy, Professor am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht: Das Gesetz reiche ”im Prinzip“ aus, könne aber mögliche neue verfassungswidrige Regelungen enthalten. Bogdandy verwies auf das Weisungsrecht des Bundesrates beim ”Notbremseverfahren“ und auf die Regelungen zum Ablehnungsrecht der nationalen Parlamente bei sogenannten Brückenklauseln.
In der weiteren Anhörung sollen Details der fünf Gesetzentwürfe mit den zwölf Sachverständigen erörtert werden. Neben dem Integrationsverantwortungsgesetz ( 16/13923) wird über das Gesetz zur Umsetzung der Grundgesetzänderungen für die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon ( 16/13924) beraten. Die künftige Zusammenarbeit zwischen Bundestag und Bundesregierung in EU-Fragen wird in einem weiteren Gesetz ( 16/13925) geregelt. Diese drei Entwürfe sind von CDU/CSU, SPD, FDP und den Grünen eingebracht worden. Ein vierter Gesetzentwurf von der Koalitionsfraktionen und der FDP regelt die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union sowie in der Anlage eine Bund-Länder-Vereinbarung ( 16/13926). Einen fünften Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes ( 16/13928) hat die Fraktion Die Linke vorgelegt. Darin fordert sie unter anderem, dass bei Vertragsänderungen ein Volksentscheid vorgenommen werden muss. Zudem möchte die Linksfraktion im Grundgesetz verankern, dass die Bundesregierung an Stellungnahmen des Bundestages prinzipiell gebunden ist.
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