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Renate Gradistanac
Mitglied des Deutschen Bundestages
SPD
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2. Februar 2007

Nein zur Gesundheitsreform

Persönliche Erklärung der SPD-Bundestagsabgeordneten Renate Gradistanac

Renate Gradistanac hat gestern im Bundestag gegen die Gesundheitsreform gestimmt. Dazu gibt die SPD-Bundestagsabgeordnete zusammen mit weiteren Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion folgende persönliche Erklärung ab:

„Die große Koalition hat sich zum Ziel gesetzt, mit der Gesundheitsreform eine nachhaltige und gerechte Finanzierung des Gesundheitswesens zu sichern. Als Ergebnis der Gesundheitsreform sollte ein leistungsfähiges, solidarisches und demographiefestes Gesundheitswesen stehen.

Trotz einzelner Strukturreformen, die positiv bewertet werden können, wie

1. die Pflicht der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung, ehemaligen Versicherten wieder einen Versicherungsschutz anzubieten,

2. den zunächst erreichten Erhalt des Leistungskatalogs der GKV sowie die Umwandlung bisheriger Ermessensleistungen und Verbesserungen (Mutter-Vater-Kind-Kuren, geriatrische Rehabilitation; Impfungen) in Pflichtleistungen,

3. die Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln, die auch den therapeutischen Nutzen berücksichtigt,

ist das Ergebnis der Gesundheitsreform als Kompromiss innerhalb der großen Koalition enttäuschend und nicht zielführend.

Diese Gesundheitsreform schwächt die Solidarität in der Gesetzlichen Krankenversicherung und führt zu einer einseitigen Belastung der gesetzlich Versicherten. Gleichzeitig ist zu befürchten, dass es zu Leistungsausgrenzungen für GKV-Versicherte kommen wird. Mittelfristig sind Teile des Gesetzes haushaltstechnisch nicht abgesichert.

Besonders aus folgenden acht Gründen kann den Reformplänen nicht zugestimmt werden:

1. Der Gesundheitsfonds lässt die private Krankenversicherung außen vor, anstatt sie in die solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens einzubeziehen. Das Fondsmodell, in dem der Bund den einheitlichen Beitragssatz festlegt und sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerbeiträge fixiert sind, führt zu einem Wettbewerb über die Zusatzbeiträge. Diese sind sozial ungerecht und belasten einseitig die Versicherten. Die Zusatzbeiträge widersprechen dem einstimmigen Beschluss von SPD-Parteivorstand und Parteirat vom 24.4.2006, der „Pauschalen jeder Art und Variante“ als unsolidarisch ablehnt.

2. Der neue Spitzenverband Bund hemmt den Wettbewerb der gesetzlichen Kassen um die beste Qualität der medizinischen Versorgung und drängt die Selbstverwaltung in eine Statistenrolle.

3. Es ist zu befürchten, dass die geplanten Neuregelungen zum Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) unzureichend sind. Die Morbiditäten der Versicherten in den einzelnen gesetzlichen Krankenkassen werden nur unzureichend abgebildet, so dass letztlich ein Kassenwettbewerb um die besten Risiken statt um die beste Qualität stattfinden wird. Es wird daher Kassen geben, die sofort einen Zusatzbeitrag erheben müssen, da der Betrag aus dem Fonds nicht ausreicht und der Morbi-RSA unzureichend ist.

4. Die geplanten Wahlleistungs- und Selbstbehalttarife führen zu einer weiteren Entsolidarisierung im Gesundheitswesen hin zu einer weiteren Privatisierung der Krankheitskosten. Die auf Druck der Privaten Krankenversicherungslobby und der CDU/CSU entschärften Regelungen beim Basistarif belasten die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung weiter, weil sie zu einer Abwanderung bisher freiwillig Versicherter in die private Krankenversicherung führen werden.

5. Die Gesetzlichen Kassen haben für 2007 spürbare Beitragserhöhungen beschlossen. Diese Entwicklung ist im Zusammenhang steigender Lohnnebenkosten, die dem notwendigen Ziel einer Konjunkturstabilisierung entgegenstehen, äußerst bedenklich. Die Stabilisierung des Bundeshaushalts ist auf ein weiteres, stabiles wirtschaftliches Wachstum unserer Volkswirtschaft angewiesen.

6. Gravierend ist, dass ein konkreter Vorschlag zur Gegenfinanzierung des Steuerzuschusses, den die GKV pauschal für gesellschaftliche Leistungen erhält, fehlt.

7. Die fehlende Gegenfinanzierung betrifft vor allem den in der Gesundheitsreform enthaltenden Aufwuchs der Steuermittel für die nächsten Jahre. Ab 2009 ist ein Aufwuchs um jährlich weitere 1,5 Mrd. € notwendig, so dass bereits 2011 7 Mrd. € fällig werden, 14 Mrd. im Jahr 2016. Hinzu kommen weitere Risiken, die mit ca. 2 Mrd. € zu beziffern sind, ungeachtet der Risiken, die in konjunkturellen Zyklen und durch die Zinsentwicklung möglich sind.

8. Das Gesetz verschärft die Armut von Hartz-IV-Leistungsempfängerinnen und Empfängern, da der Zusatzbeitrag (Kopfpauschale), wenn das Kündigungsrecht aus unterschiedlichen Gründen nicht in Anspruch genommen wird, aus dem Regelsatz finanziert werden muss.

Auf Grund der skizzierten Kritikpunkte und der großen Bedenken gegen das vorliegende Gesamtpaket stimmen wir heute im Deutschen Bundestag gegen den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung.“