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Renate Gradistanac
Mitglied des Deutschen Bundestages
SPD
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28. Mai 2009

Gleicher Lohn jetzt - und nicht erst in 150 Jahren

Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin, Jutta Allmendinger, antworte erst kürzlich auf die Frage nach der Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern so: „Frauen werden nicht gleich behandelt. Sie haben nicht die gleichen Chancen. Das ist unsere Realität.“

Unsere Realität ist auch, dass Frauen immer noch erheblich weniger verdienen als Männer: Im Durchschnitt sind es 23 Prozent weniger. Britische Wirtschaftswissenschaftler haben erst kürzlich prognostiziert, dass Frauen erst in 150 Jahren so viel verdienen werden wie Männer. Zwar habe jede Frauengeneration Fortschritte bei der Angleichung der Einkommen erzielt, allerdings habe sich dieser Prozess deutlich verlangsamt. Hierfür seien nicht nur familienbedingte Erwerbsunterbrechungen verantwortlich, denn auch Frauen ohne berufliche Auszeiten verdienten nach zehn Jahren im Durchschnitt zwölf Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen - und dies bei gleicher Ausbildung, gleichem Alter und gleichem Beruf. Ursache hierfür sei die Diskriminierung von Frauen, der die Politik nicht ausreichend begegne.

Ursächlich für die bestehende Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern sind nicht nur familienbedingte Erwerbsunterbrechungen, die geschlechtsspezifische „Humankapitalausstattung und das eingeschränkte Berufswahlverhalten von Frauen, wie oft verkürzt argumentiert wird. So auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion in der Broschüre „Erfolgreiche Politik für Frauen“. Eine neue Studie zur Lohnlücke in Führungspositionen in der Privatwirtschaft belegt deutlich, in welch hohem Umfang gesellschaftliche und kulturelle Rahmenbedingungen für die Verdienstunterschiede von Bedeutung sind. Zu diesen zählen auch mittelbar und unmittelbar diskriminierende Praktiken auf dem Arbeitsmarkt und in den Unternehmen.

Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche, in dessen Unternehmen es in den vergangenen 60 Jahren keine einzige Frau im Vorstand gab, bekannte letzten Sonntag: „Wir sind fünf Herren im Vorstand, keine Frau. Das ist beschämend.“ Es ist in der Tat beschämend, dass die Spitzengremien der großen privaten Unternehmen in Deutschland nach wie vor eine nahezu reine Männerdomäne sind. In den 200 größten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors sind nur 2,5 Prozent der Vorstandsposten mit Frauen besetzt. Der Frauenanteil in den Aufsichts- und Verwaltungsräten beträgt dort rund 9 Prozent. Dabei werden knapp drei Viertel der Frauen von den Arbeitnehmervertretungen entsandt. Dass hier eine Quote wirkt, hat Norwegen mit seiner 40-Prozent-Quotierung für Frauen in den Aufsichtsräten eindrücklich bewiesen. Im europäischen Vergleich liegt Norwegen mit einem Frauenanteil von 41 Prozent in den Top-Gremien der großen börsennotierten Unternehmen weit über dem Länderdurchschnitt, der 11 Prozent beträgt.

Das Bundesgleichstellungsgesetz, das für die gesamte Bundesverwaltung gilt, hat erste positive Ergebnisse gebracht. Der Bund hat hier eine wichtige Vorbildfunktion. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass der zweite Erfahrungsbericht bald kommt. Derzeit gibt es nur eine beamtete Staatssekretärin, die erste seit sieben Jahren. Seit Gründung der Bundesrepublik gab es insgesamt nur sieben Frauen in dieser Funktion. Wir werden wohl auch hier weitere Strategien und Umsetzungsschritte entwickeln müssen. Denkbar wäre zum Beispiel ein Gleichstellungsindex für die obersten Bundesbehörden. Hier gibt es sicherlich auch kreative und effektive Vorschläge von Seiten der Gleichstellungsbeauftragten.

Heute beraten wir einen Antrag der Linken, der die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in der Privatwirtschaft durch wirksame gesetzliche Regelungen fordert. Die bisherigen Bilanzen zur freiwilligen Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern haben nur geringe Erfolge aufgezeigt. Eine deutliche Erhöhung der Anzahl von Frauen in Führungspositionen hat es nicht gegeben. Wir brauchen daher weiterreichende Maßnahmen und eine umfassende Gesamtstrategie zur Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben. In ihrem Antrag vermisse ich allerdings die Forderung nach flächendeckenden gesetzlichen Mindestlöhnen und eine Quotierung von Aufsichtsräten.

Da die CDU/CSU die Frauen auch beim Thema Entgeltgleichheit im Stich gelassen hat, haben wir von der SPD-Fraktion einen Zehn-Punkte-Plan zur Gleichstellung im Erwerbsleben verabschiedet. Hier will ich kurz vier Punkte nennen: Wir wollen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Wir wollen eine gesetzliche Regelung für die Privatwirtschaft. Wir wollen eine gesetzliche Quote für die Besetzung von Aufsichtsratsposten und wir wollen gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit.

Der Sozialdemokrat August Bebel, hat unsere Debatte gut auf einen Punkt gebracht. Ich zitiere: „Der Grad der Freiheit einer Gesellschaft misst sich immer an der Stellung der Frau.“