Kommentar Niederelbe-Zeitung: |
April 2009 |
Fähre im Schwebezustand |
Ausgerechnet im „Jahr der Oste“ wurden in Cuxhaven
politische Entscheidungen getroffen, die mittelfristig das
„Aus„ für den Fährbetrieb in Osten einleiten
könnten. Zur Erinnerung und für diejenigen, die das Thema
nicht genau verfolgt haben: Der Kreistag hat am 11. März
dieses Jahres im Rahmen von Sparmaßnahmen beschlossen, die
Gelder für die Schwebefähre auf eine jährliche Summe
von 20.000 Euro zu reduzieren bzw. den Betriebsaufwand auf das
Niveau der Verkehrssicherungspflicht zu begrenzen und notwendige
Sanierungen nicht mehr durchzuführen. Hintergrund der
Sparmaßnahmen ist, dass der Kreis den Rotstift im Bereich der
so genannten freiwilligen Leistungen ansetzen oder Mehreinnahmen
ausweisen muss, wenn er – erstmals – eine
Bedarfszuweisung des Landes Niedersachsen in Höhe von vier
Millionen Euro erhalten möchte. Die Wellen schlugen daraufhin
nicht nur unter der Fähre, sondern in der gesamten Region
hoch. Kritiker wie die Bürgermeister der Samtgemeinde Hemmoor,
der Stadt Hemmoor, der Gemeinde Osten und der Gemeinde Hechthausen
wiesen eindringlich auf den Zusammenhang zwischen der
Funktionstüchtigkeit der Schwebefähre und der
touristische Entwicklung der Region hin. Die touristischen
Übernachtungszahlen und auch der Tagestourismus sind im
Zusammenhang mit den Aktivitäten um die Schwebefähre und
die Deutsche Fährstraße in den vergangenen Jahren
gestiegen und haben somit Arbeitsplätze in der
strukturschwachen Region geschaffen und erhalten. Die Entscheidung,
die Schwebefähre nicht mehr in einem fahrbereiten Zustand zu
halten, konterkariert die Bemühungen und die Investitionen der
Gemeinden und der vielen ehrenamtlich Tätigen wie
beispielsweise der Akteure der AG Osteland und der
Fördergesellschaft Schwebefähre Osten-Hemmoor. Auch
kulturhistorisch betrachtet ist diese Entscheidung m. E. nicht
haltbar. Als eine von weltweit insgesamt nur noch 8 existierenden
Schwebefähren hätte das Bauwerk durchaus Chancen, als
UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt zu werden. Das wiederum könnte
dem Landkreis Cuxhaven noch einmal einen touristischen Schub geben.
Da es allgemein bekannt ist, dass auch ich zu den Fans der Schwebefähre gehöre, wurde ich schon im September letzten Jahres darum gebeten, die Möglichkeiten auszuloten, wie die Fähre dauerhaft in funktionstüchtigem Zustand zu halten ist. Bei meinen Recherchen ging es unter anderem darum abzuklären, ob es realistisch Chancen gibt, dass der Bund als Eigentümer das nationale Bauwerk übernimmt. Das Ergebnis: Das Land Niedersachsen darf sich nicht vor seiner Verantwortung drücken. Laut Grundgesetz liegt die Kultur primär in der Zuständigkeit der Länder, deshalb tritt der Bund nur in sehr ausgewählten Fällen als Eigentümer von Denkmälern und Baudenkmälern auf. Sein Engagement im Denkmalschutz nimmt er vor allem durch zwei Förderprogramme wahr: das Programm für nationale wertvolle Kulturdenkmäler und ein 2008 erstmals durchgeführtes „Sonderprogramm“, das auf Denkmäler zielt, die konkret vor dem Verfall zu retten sind. Voraussetzung für die Förderung des Bundes ist allerdings, dass auch und zunächst das zuständige Bundesland Verantwortung übernimmt. Dementsprechend sind die Denkmalschutzprogramme des Bundes so angelegt, dass die Anträge an das jeweilige Bundesland zu richten sind und erst, wenn dieses seine Bereitschaft bekundet, die Hälfte der notwendigen finanziellen Unterstützung zu tragen, wird der Antrag an den Bund weitergeleitet. Auf dem möglichen Weg zur Unterstützung durch den Bund wird also unser erster Ansprechpartner das Land Niedersachsen sein müssen, das ja zugleich quasi Auslöser der Misere ist. Hier gilt es nun, die Verantwortlichen von der Bedeutung der Schwebefähre für die Region zu überzeugen und deutlich zu machen, dass es wenig Sinn macht, Bundesmittel für Konjunkturprogramme einzusetzen, wenn gleichzeitig das Land an anderer Stelle Regionen der Boden unter den Füßen wegzieht. Das Land Niedersachsen ist in der Pflicht, die notwendigen Rahmenbedingungen für den Erhalt des Kulturguts Schwebefähre zu setzen und sie dauerhaft zu sichern. |