Herr Lagendijk, der UN-Vermittler Martti Ahtisaari arbeitet an einer Empfehlung für den zukünftigen Status des Kosovos. Warum bringt das Europaparlament eine eigene Resolution ein?
Wir wollen deutlich machen, dass am Ende der Verhandlungen nur ein Ergebnis stehen kann: Unabhängigkeit für den Kosovo. Ein UN-Gesandter muss diplomatischer sein, muss zum Beispiel die russische Position berücksichtigen. Wir Europäer sollten klar sagen, wo wir stehen.
Es gibt einen Abschnitt in Ihrer Resolution, der Sprengkraft enthält: Serbische Enklaven sollen engen Kontakt zu Belgrad halten dürfen. Sind damit nicht neue Konflikte programmiert?
Natürlich müssen Beamte, auch wenn sie in einer serbischen Enklave arbeiten, aus dem Staatshaushalt des Kosovos bezahlt werden. Heute werden sie zu 100 Prozent aus Belgrad finanziert - das ist inakzeptabel. Aber wenn Belgrad Schulbücher für die eigene Minderheit im Kosovo finanzieren will, ist dagegen nichts zu sagen.
Ist das nicht blauäugig? Würde dies nicht zu neuen Enklaven innerhalb eines ohnehin sehr kleinen neuen Staatsgebietes führen?
Nach allem was wir bisher aus dem Ahtisaari-Bericht wissen, wird er sieben oder acht serbische Enklaven vorschlagen. Gibt es denn eine Alternative? Wir wollen nicht, dass diese Leute aus ihrer Heimat nach Serbien vertrieben werden. Man muss sicherstellen, dass sie bleiben können und gleichzeitig ihre kulturellen Rechte garantiert sind. Natürlich werden die kosovarischen Behörden damit nicht besonders glücklich sein, aber am Ende werden sie einsehen, dass es nicht anders geht. In 20 bis 25 Jahren, wenn Serbien und Kosovo Mitglieder der Europäischen Union sein werden, sind diese Fragen ohnehin bedeutungslos.
Was erwarten Sie nun vom Rat der europäischen Regierungen?
Wenn Ende Februar der endgültige Ahtisaari-Bericht dem Sicherheitsrat der UN vorgelegt wird, sollte die EU eine einheitliche Position gefunden haben. Damit tut sie sich schwer. Spanien und Zypern haben Angst, dass ein Präzedenzfall geschaffen wird. Spanien will keine baskische Republik und Zypern möchte keine autarke Region Nordzypern zulassen.
Kostunica hat sich geweigert, den ersten Berichtsentwurf in Empfang zu nehmen. Hätte das Parlament mit seiner Stellungnahme nicht besser gewartet, bis die Regierungsbildung abgeschlossen ist?
Das klingt einerseits logisch. Andererseits hätte es die notwendigen schmerzhaften Schritte nur noch weiter hinausgeschoben. Vor der Sommerpause muss eine Entscheidung fallen. Man darf den Serben keinen Vorwand geben, noch länger zu warten. Das lähmt die Entwicklung in der ganzen Region.