George W. Bush gefiel sich sichtlich in dieser Rolle: In
voller Pilotenmontur ließ er sich von Besatzungsmitgliedern
der "Abraham Lincoln" wie ein Held feiern. Wenige Augenblicke zuvor
war er mit einer Transportmaschine auf dem Deck des
Flugzeugträgers gelandet. Dann verkündete er strahlend
den Sieg der USA über Iraks Diktator Saddam Hussein und lobte
die frenetisch applaudierenden Soldaten für deren Einsatz.
"Mission erfüllt", hieß es damals. Das war am 1. Mai
2003.
Zwar ist auch in den USA dem Siegestaumel längst die
Erkenntnis gewichen, dass man sich im Irak in das größte
politische und militärische Debakel seit dem Vietnam-Krieg
manövriert hat. Das ändert jedoch nichts am
Selbstverständnis amerikanischer Präsidenten und der
Rolle, die ihnen die amerikanische Verfassung zuweist -
nämlich nicht nur ziviles Staatsoberhaupt der USA zu sein,
sondern auch militärischer Oberkommandierender derer
Streitkräfte. Und so zeigt sich George W. Bush auch weiterhin
gerne im Kreis seiner ihm treu ergebenen Soldaten - so wie einst
Friedrich der Große oder Napoleon Bonaparte auf Gemälden
des 18. und 19. Jahrhunderts. Der siegreiche Schlachtenlenker auf
dem Feldherrenhügel inmitten seiner siegreichen Armee.
Politik und Militär Genau jenen Figuren der
Weltgeschichte haben die Militärhistoriker Stig Förster,
Markus Pöhlmann und Dierk Walter - sie bezeichnen sie als
Kriegsherren - einen Sammelband gewidmet, der trotz seines
historischen Blickwinkels nichts an Aktualität missen
lässt, wie das Beispiel USA zeigt. Den Herausgebern geht es um
jene "historischen Persönlichkeiten, die zur gleichen Zeit
politische und militärische Funktionen auf sich vereinigt
haben, genauer gesagt die oberste politische und militärische
Funktion". Gemeint sind also nicht Feldherren, Generäle,
Admiräle oder die "Warlords"in den Bürgerkriegsgebieten
unserer Tage, sondern um die im wahrsten Sinne des Wortes
Oberkommandierenden. Diese Definition des Begiffs "Kriegsherr"
macht deutlich, dass die Publikation weit mehr als nur ein Beitrag
zur puren Militärhistorie, die immer ein wenig im Verdacht des
Säbelrasselns steht, darstellt.
Im Zentrum der 22 Porträts - angefangen bei
Perserkönig Xerxes bis hin zu US-Präsident Richard Nixon
- steht die Grundüberlegung, dass jene Persönlichkeiten,
die oberste politische und militärische Macht auf sich
vereinen, in ihrem Handeln auch die größte Wirkung
entfalten müssten. Folgt man den
berühmt-berüchtigten Zitaten des preußischen
Generals Carl von Clausewitz, der Krieg als Fortsetzung der Politik
mit anderen Mitteln verstand, und des französischen
Ministerpräsidenten Georges Clemenceau, der im Krieg eine viel
zu wichtige Sache sah, um ihn den Militärs zu überlassen,
spricht einiges für diese These. Im Kern geht es Herausgebern
und Autoren von "Kriegsherren" um die alte Frage, ob es wirklich
die "großen Männer und Frauen" sind, die Geschichte
machen, beziehungsweise an welche äußeren und inneren
Grenzen sie dabei stoßen.
Totaler Krieg Markus Pöhlmann zeigt in seinem
Porträt Erich Ludendorffs, dass der General genau in dieser
Fragestellung die Ursachen nicht nur für sein
persönliches Scheitern sondern auch für die Niederlage
des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg verortete. In seiner 1935
erschienenen Schrift "Der Totale Krieg" forderte er, dass in den
Konflikten der Zukunft der Feldherr das uneingeschränkte
Kommando über alle militärischen, politischen und
wirtschaftlichen Sphären inne habe müsse. Pöhlmann
konstatiert denn auch, dass man trotz aller militärischen und
ab 1916 auch politischen Machtfülle, die Ludendorff zusammen
mit Paul von Hindenburg im Reich inne hatte, eben nicht von einer
"Militärdiktatur" sprechen könne. Es stellt sich
allerdings die Frage, wieso die Herausgeber Ludendorff
überhaupt in die Auswahl ihrer "Kriegsherren" aufgenommen
haben, wenn er nie "zeitgleich die oberste politische und
militärische Funktion" ausfüllte.
Auf einen ähnlich ungenauen Umgang mit der eigens
vorgegebenen strikten Definition von "Kriegsherr" stößt
man beispielsweise auch bei den Porträts des karthagischen
Feldherren Hannibal und des deutschen Generals Paul von
Lettow-Vorbeck. Der Qualität des Buches tut dies allerdings
keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil. Erst durch die Darstellung von
gänzlich unterschiedlichen Ausgangspositionen, Konstellationen
und Entwicklungen zeigt sich, worauf die Fragestellung des Buches
zielt.
Der Sammelband ist eine fundierte Analyse, seine Beiträge
sind lesbar und spannend geschrieben und bieten einen guten
Überblick über den Forschungsstand. Vor allem wahren alle
Autoren den nötigen kritisch-dis-tanzierten Blick des
Historikers. Dass sie auch Bewunderung für militärische
und politische Leistungen der Porträtierten zollen, ist kein
Widerspruch.
Das Buch sei auch jenen deutschen Politikern empohlen, die
sich aktuell verstärkt mit militärischen Fragen
auseinandersetzen oder sich laut Verfassung gar als
Oberkommandierende betrachten müssen. Auch wenn sich
Deutschland nicht im Krieg befindet, so hat die militärische
Komponente in der Politik in den vergangenen Jahren zweifelsfrei an
Bedeutung gewonnen.
Heldenmythen Die kritische Distanz, durch die sich die Autoren
von "Kriegsherren" auszeichnen, ist einem anderen Buchautoren
leider völlig abhanden gekommen. Jan von Flocken beweist mit
seinem jüngst erschienenen "Kriegerleben", wie
Militärhistorie in keinem Fall geschrieben werden darf. Seine
zehn Poträts "großer Feldherren von Caesar bis Patton"
ähneln eher an die Heldenverehrung vergangener Tage. Schon
Kapitelüberschriften wie "Juan d'Austria - Triumphator des
Mittelmeeres" oder "George S. Patton - Kriegsgott im Panzer"
nähren einen ersten Verdacht, dass sich der Autor all zu sehr
vom Schlachtenlärm hat betören lassen. Die Lektüre
bestätigt diesen Verdacht. Beispiel Patton: Der US-General
gehörte ganz ohne Zweifel zu den schillerndsten und
fähigsten Truppenführern des Zweiten Weltkrieges. Zu
seinen militärischen Fähigkeiten gesellten sich jedoch
Charaktereigenschaften und politische Einstellungen, die ihn immer
wieder in arge Schwierigkeiten bringen sollten. Patton war ein
notorischer Choleriker und obendrein bekennender Rassist und
Antisemit.
Jan von Flocken macht aus dem Charakter des Militärs auch
keinen Hehl. Sprachlos machen jedoch seine Bewertungen. So
empört er sich "lautstark" über die Berichterstattung
amerikanischer Medien als diese erfahren, dass Patton gegen zwei
Soldaten unter übelsten Beschimpfungen handgreiflich wird, dem
einen gar mit vorgehaltener Waffe droht, ihn auf der Stelle zu
erschießen. Die beiden Soldaten hatten sich - körperlich
unverletzt aber nervlich offensichtlich am Ende ihrer Kräfte -
in ein Lazarett geflüchtet.
Memmen in Uniform Das Pressecho fällt verheerend aus. Der
eben noch gefeierte Held fällt in Ungnade und wird in
Karikaturen als Nazi dargestellt. Von Flocken kommentiert dies so:
"Diese hysterische Reaktion zeigt die ganze Bigotterie der
veröffentlichten US-Meinung. Während ein paar Ohrfeigen
gegen Memmen in Uniform zur strafbaren Handlung aufgepustet wurden,
blieben tatsächliche Kriegsverbrechen der US-Army ungestraft."
An dieser Stelle darf dann schon einmal die Frage gestellt werden,
auf welchen soldatischen Heldenmut der 1954 geborene Buchautor
verweisen kann, dass er glaubt, Weltkriegsteilnehmer - wohl ganz im
Sinne Pattons - als "Memmen in Uniform" diffamieren zu müssen.
Überhaupt lässt der studierte Historiker von Flocken
immer wieder durchblicken - etwa im Kapitel über Reinhard
Scheer und die deutsche Flotte in der Endphase des Ersten
Weltkriegs - wo seine Sympathien liegen, wenn Soldaten im Krieg
nicht länger bereit sind, ihren Führern zu folgen.
Eigentlich hatte Jan von Flocken zeigen wollen, welche
Eigenschaften einen Menschen zum erfolgreichen Militär machen
können - selbst dann, wenn dies nicht unbedingt zu erwarten
war. "Viele sind berufen, aber nur wenige auserwählt",
charakterisiert er "das Dilemma im Dasein großer Feldherren".
Bewiesen hat er, dass dies für Autoren
militärgeschichtlicher Bücher offensichtlich auch
gilt.
Stig Förster, Markus Pohlmann, Dierk
Walter (Hg.): Kriegsherren der Weltgeschichte.
22 historische Porträts
Verlag C.H.Beck,
München 2006;
415 S., 24,90 €
Jan von Flocken:
Kriegerleben.
Von Caesar bis Patton - große
Feldherren der Weltgeschichte
Kai Homilius Verlag, Berlin 2007;
256 S., 16,90 €