Die deutsche Autoindustrie ist in den vergangenen Wochen unter
Druck geraten. Brüssel mahnt die Einhaltung strengerer
Grenzwerte beim Kohlendioxidausstoß an. Da trifft es sich
gut, dass die Front bei den Feinstaubemissionen in Bewegung
gerät. Die Branche hat inzwischen ihren Frieden mit dem
Rußpartikelfilter gemacht, und nun soll es endlich losgehen
mit dem Nachrüsten der Diesel-Pkw.
Der Finanzausschuss des Bundestages weiß die
Autoindustrie, die Filterhersteller und die Umweltverbände
hinter sich, wenn er am 28. Februar den Entwurf der Bundesregierung
zur Änderung des Kraftsfahrzeugsteuergesetzes (
16/4010 ) abschließend berät. In
einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen
wurde am 31. Januar deutlich, dass alle Beteiligten auf den
Startschuss für eine große Nachrüstungsaktion
warten, vergleichbar nur mit der Katalysator-Nachrüstung in
den 80er-Jahren.
Der Regierungsentwurf sieht vor, dass Halter von Diesel-Pkw,
die bis Ende 2006 erstmals zugelassen worden sind, bis Ende 2009
einen Kfz-Steuernachlass von bis zu 330 Euro erhalten, wenn sie
nachweisen, dass durch den Filtereinbau der Partikelausstoß
um mindestens 30 Prozent reduziert wird und gleichzeitig eine
Verbesserung um eine Euro-Abgasstufe beim Partikelausstoß
erreicht wird. Laut Bundesregierung wird der Wert der
Steuerbefreiung etwa die Hälfte der Nachrüstungskosten
abdecken. Für besonders emissionsarme Diesel-Pkw, die bereits
2006 nachgerüstet wurden oder noch bis Ende März
nachgerüstet werden, sollen die Halter frühestens zum 1.
April die Steuerbefreiung bekommen.
Malus für Filterlose Für nicht nachgerüstete
Pkw, die bis Ende 2006 erstmals zugelassen worden sind, sowie
für neue Pkw, die den Euro-5-Grenzwert nicht einhalten, soll
es einen Zuschlag von 1,20 Euro je 100 Kubikzentimeter Hubraum
geben ("Malus-Regelung"). Nicht betroffen von diesem Zuschlag sind
dem Entwurf zufolge bereits im Verkehr befindliche und neu
zugelassene Pkw, deren Schadstoffemissionen den Anforderungen der
Euro-4-Norm genügen und deren Partikelausstoß
darüber hinaus fünf Milligramm pro Kilometer nicht
übersteigt.
Für Hermann J. Schulte vom Filterhersteller HJS
Fahrzeugtechnik im sauerländischen Menden kommt es darauf an,
dass das Gesetz schnell in Kraft tritt. "Wir warten dringlichst auf
den Startschuss", sagte der Unternehmer im Finanzausschuss. Er
plädierte dafür, einen Teil der Einkünfte aus der
Malus-Regelung dafür zu verwenden, in der Öffentlichkeit
für die Nachrüstung zu werben. Das Thema der
Filter-Nachrüstung müsse von der Regierung offensiv in
den Markt hineingetragen werden. Im Übrigen unterstrich
Schulte die internationale Führerschaft der deutschen
Industrie in diesem Bereich. "Wir werden die beste technologische
Antwort geben", hielt er dem Grünen-Abgeordneten Winfried
Hermann entgegen. Hermann hatte gefragt, weshalb die deutsche
Automobilindustrie so lange gebraucht habe, um sich mit dem
Filtereinbau anzufreunden.
Volker Kuhn vom Zentralverband des Deutschen
Kraftfahrzeuggewerbes sagte in der Anhörung, dass von den
41.000 deutschen Kfz-Werkstätten 35.000 berechtigt seien,
Abgasuntersuchungen vorzunehmen. Diese Werkstätten seien seit
längerem auf die Nachrüs-tungen vorbereitet. Der Filter
selbst koste etwa 400 bis 500 Euro, hinzu kämen die Kosten des
Einbaus sowie die Kosten einer Abgasuntersuchung, sodass sich
Kosten von 600 bis 700 Euro ergäben. Mit der
Einbaubescheinigung der Werkstatt könnten die Fahrzeughalter
dann ihre Kfz-Papiere bei der Zulassungsstelle verändern
lassen.
Der Umstellungsprozess bei den Herstellern hin zur
serienmäßigen Ausstattung von Diesel-Neuwagen mit dem
geregelten Rußpartikelfilter wird nach den Worten von Gerd
Hoff vom Verband der Automobilindustrie bis zum Jahr 2008
abgeschlossen sein. Derzeit seien bereits über 90 Prozent der
Neuwagen mit einem Partikelfilter ausgestattet. Damit könne
die deutsche Industrie ihre Selbstverpflichtung von 2005
einhalten.
3,5 Millionen Fahrzeuge betroffen Der Ausrüstungsgrad bei
Dieselfahrzeugen mit geregeltem Partikelfilter liegt nach Angaben
Hoffs bei 90 Prozent. Davon entfielen 80 bis 85 Prozent auf
deutsche Marken. Die Zahl der Diesel-Pkw, die für eine
Nachrüstung in Frage kommen, bezifferte der Verbandsvertreter
auf etwa 3,5 Millionen.
Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland hielt die
Malus-Regelung für Nachrüstungsunwillige für zu
gering. Hoch gerechnet auf vier Jahre würden 1,20 Euro pro 100
Kubizentimeter Hubraum im Durchschnitt lediglich Kosten von etwa
100 Euro ausmachen. Werner Reh vom Bund für Umwelt und
Naturschutz äußerte die Hoffnung, dass die Hersteller
die Neuwagen ab 2008 mit Partikelfiltern ausrüsten, die die
Euro-5-Norm erfüllen.
Wolfgang Maus vom Filterhersteller Emitec im rheinischen
Lohmar ging auf ein Problem ein, das Martina Steinke vom
Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte
angesprochen hatte. Danach sind Behinderte ganz oder zur
Hälfte von der Kfz-Steuer befreit, könnten aber im Falle
einer Nachrüstung von dem Steuerbonus nicht profitieren. Hier
sollte ein Ausgleich für die Betroffenen geschaffen werden,
forderte Steinke. Maus schlug dazu "eine Art Rabattsystem"
vor.
Mehr zum Thema unter
www.bmu.de/luftreinhaltung/feinstaub/doc/35258.php
Kompakt
- Diesel-Rußpartikel sind Teilchen, die beim Verbrennen von
Dieselöl in Autos entstehen. Zwar wurde die Zahl der
gröberen Partikel in den vergangenen Jahren verringert, aber
es sind die winzigen Rußteilchen, die in die Lunge eindringen
und gesundheitliche Schäden verursachen können.
Kurzfristig können Atem- sowie Herz- und Kreislaufprobleme die
Folge sein. Langfristig droht Krebs.
- Die Euro-4-Norm gibt vor, dass maximal 25 Milligram an
Rußpartikeln pro Kilometer freigesetzt werden dürfen. Im
September 2009 tritt Euro 5 in Kraft. Dann sind nur noch bis zu 5
Milligram erlaubt.