Ein Versicherungsunternehmen, das unterschiedliche
Prämien oder Leistungen für Frauen und Männer
vorsieht, muss künftig die versicherungsmathematischen und
statistischen Daten veröffentlichen, aus denen die
Berücksichtigung des Geschlechts als Faktor der
Risikobewertung abgeleitet wird.
Das hat der Bundestag am 1. Februar beschlossen, als er einen
Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des
Versicherungsaufsichtsgesetzes, des
Finanzdienstleis-tungsaufsichtsgesetz sowie anderer Vorschriften (
16/1937 ) in der vom Finanzausschuss
geänderten Fassung (
16/4191 ) annahm. Dem Gesetz stimmten alle
Fraktionen mit Ausnahme der Linken zu, die sich enthielt. Die
Veröffentlichungspflicht hatten Union, SPD und FDP mit einem
Änderungsantrag im Finanzausschuss durchgesetzt.
Die Änderung geht auf die EU-Richtlinie zur
Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von
Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit
Gütern und Dienstleistungen sowie auf das im vergangenen Jahr
verabschiedete Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
zurück.
Danach ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des
Geschlechts bei Prämien oder Leistungen einer
privatrechtlichen Versicherung nur zulässig, wenn sie auf eine
Risikobewertung zurückzuführen ist, die auf relevanten
und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten
beruht. Für den Fall, dass die Unternehmen ihre
Prämiendifferenzierung auf allgemein zugängliche Daten
stützen, etwa auf Veröffentlichungen eines
Branchenverbandes, genügt künftig ein Hinweis auf diese
Veröffentlichung. Interne Berechnungen müssen nicht
offengelegt werden. Das Unternehmen ist aber dafür
verantwortlich, dass die Daten aktuell sind.
Eine weitere vom Bundestag beschlossene Änderung des
Regierungsentwurfs ermöglicht es den Versicherungsunternehmen,
ihre Berechnungsgrundlagen für bestehende Verträge bis
zum 1. Januar 2008 so zu ändern, dass die Leistungen für
Schwangerschaft und Mutterschaft geschlechtsunabhängig
umgelegt und die Prämien entsprechend angepasst werden
können.
Grundsätzlich bleibt damit eine geschlechtsabhängige
Kalkulation möglich, allerdings nicht, soweit dies die Kosten
für Mutterschaft und Schwangerschaft betrifft. Diese
müssen auf alle Verträge umgelegt werden. Der Bundestag
erwartet dennoch, dass es auch für bereits privat
krankenversicherte Männer zu keiner "messbaren
zusätzlichen Prämienerhöhung" kommt. Die Grünen
und die Linke lehnten diese Änderung ab. Die Grünen
hatten in einem Änderungsantrag (
16/4214 ) eine Veröffentlichungspflicht
auch für Unternehmen gefordert, die eine unterschiedliche
Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters oder
der sexuellen Identität vornehmen. Dem hielt die
Bundesregierung entgegen, dass diese im Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz genannten Merkmale von der EU nicht als
veröffentlichungsrelevant vorgegeben seien. Das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz gelte aber unmittelbar für die
Unternehmen und sei auch ein Gegenstand der Versicherungsaufsicht.
Aufgrund der EU-Richtlinie sei eine Veröffentlichungspflicht
lediglich bei der Geschlechterdifferenzierung erforderlich.
Die Änderungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes dienen
im Übrigen dazu, das Aufsichtsrecht über die
Rückversicherungen an EU-Recht anzupassen. So liegt
künftig die Finanzaufsicht über die gesamte
Geschäftstätigkeit eines
Rückversicherungsunternehmens ausschließlich bei der
Aufsichtsbehörde des Sitzlandes liegen.
Versicherungs-Holdinggesellschaften, die selbst keine
Leitungsfunktion ausüben, können von der Aufsicht
freigestellt werden. Darauf hatte sich die Koalition im Verein mit
FDP und Grünen geeinigt. Die Regierung hatte argumentiert,
Zwischenholdings bei Rückversicherungsunternehmen könnten
dazu dienen, finanzielle Risiken einer Rückversicherung zu
verbergen, sodass auch hier eine Aufsicht erforderlich sei. Die
Fraktionen setzten sich jedoch mit ihrer Auffassung durch, es
reiche aus, die übergeordnete Holding zu beaufsichtigen.
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