Herr Liebing, vom 2. bis 4. Mai haben 400 Experten in Bremen über die zukünftige EU-Meerespolitik diskutiert. Sind unsere Meere noch zu retten?
Ja, die europäische Meerespolitik ist ein wichtiger Bestandteil, die Meere nicht nur zu retten, sondern auch Chancen zu entwickeln. Dabei ist ein Ansatz der EU-Meerespolitik, den Gegensatz zwischen Wirtschaft und Natur zu überwinden und unterschiedliche Interessenlagen miteinander in Einklang zu bringen. Wir brauchen beides: den Schutz der Meeresökologie aber gleichzeitig müssen wir auch Chancen aus dem Meer nutzen wie zum Beispiel zur Energiegewinnung oder bei Wirkstoffen, die wir in der Medizin einsetzen können.
Was sind für unsere Meere die größten Bedrohungen?
Eine ist sicherlich die Meeresverschmutzung durch die verschiedensten Nutzungsformen. Eine zweite Bedrohung für unsere Meere ist der Klimawandel und in Teilen ist auch die Überfischung un - insbesondere die illegale Fischerei.
Wie wirkt sich Ihrer Meinung nach der Klimawandel und das Abschmelzen des Grönlandeises und der Pole auf die Meere und ihr kompliziertes Ökosystem aus?
Nehmen wir zum Beispiel einmal ein konkretes Problem: Die Versauerung der Meere. Durch die Erwärmung und das Abschmelzen von Polareis und Gletschern verändert sich der Salzgehalt in den Meeren. Das wiederum verändert die gesamte Meeresbiologie - zum Beispiel hinsichtlich der Korallenbildung. Insgesamt tragen diese Veränderungen dazu bei, dass Nahrungsketten im Meer abreißen können.
Dazu kommt die Erwärmung der Meere: Fische laichen zu früh, finden dann aber noch nicht die Nahrung, die sie brauchen. Das hat den Effekt, dass das Meer als wesentliche Nahrungsquelle des Menschen langfristig nicht mehr zur Verfügung stehen könnte. Das ist vor allem auch für die Entwicklungsländer ein großes Problem.
Was wird die EU jetzt konkret unternehmen?
Zunächst wird die Europäische Kommission den seit einem Jahr stattfindenden Konsultationsprozess zum Grünbuch "Meerespolitik" auswerten. Im zweiten Halbjahr wird dann in der EU ein Aktionsplan erstellt. Der Deutsche Bundestag wird sich voraussichtlich noch vor der Sommerpause mit dem Thema Meerespolitik befassen.
Sie leben auf der Nordseeinsel Sylt. Was bedeutet das Meer für Sie ganz persönlich?
Das Meer ist für mich ein gewaltiges Geheimnis, in dem es viel zu entdecken gibt, insbesondere wenn ich an die Tiefen der Meere denke. Auf der anderen Seite, da ich ja selber auf einer Insel lebe, ist Meer für mich natürlich auch ein Stück Heimat, wenn ich am Deich stehe und hinaus aufs Wattenmeer schaue.
Die Fragen stellte
Annette Sach