Die Beratung der Unternehmensteuerreform geht in die letzte parlamentarische Runde. Am 25. Mai will der Bundestag den Gesetzentwurf ( 16/4841 ) verabschieden, zwei Tage vorher findet die Schlussberatung im Finanzausschuss statt. Der Ausschuss hat in vergangenen Woche noch einmal Sachverständige befragt, nachdem bereits am 25. April eine große Anhörung stattgefunden hatte.
Im Mittelpunkt stand am 7. Mai die für 2009 geplante Einführung einer Abgeltungsteuer von 25 Prozent auf Zinsen, Dividenden und private Veräußerungsgewinne bei Wertpapierverkäufen. Der Bayreuther Professor Karl-Georg Loritz sah im Systemwechsel zur Abgeltungsteuer die "einzig realistische Chance", sich auf internationalen Finanzmärkten attraktiver zu positionieren. Das jetzige System sei kompliziert und undurchschaubar. Heinz-Udo Schaap als Vertreter der deutschen Banken wertete die Reform als Vereinfachung, weil die Anleger ihre Kapitalerträge künftig nicht mehr in der Steuererklärung angeben müssten.
Professor Rüdiger von Rosen vom Deutschen Aktieninstitut regte an, das Altersvorsorgesparen dadurch zu erleichtern, dass bestimmte Freibeträge von der Abgeltungsteuer verschont bleiben. Stefan Seip vom Bundesverband Investment und Asset Management bemängelte, dass die unbefristete Besteuerung von Veräußerungsgewinnen die private Altersvorsorge ebenfalls stark belaste. Beteiligungskapital im unternehmerischen Bereich werde damit künftig fast doppelt so hoch besteuert wie "risikofreie" Kapitalanlagen.
Kritisch äußerten sich der Bremer Ökonom Rudolf Hickel und sein Hannoveraner Kollege Stefan Homburg. Es sei ein falscher Anreiz, sagte Hi-ckel, dass Kapitaleinkünfte gegenüber der Erwerbsarbeit, die einem höheren Steuersatz als 25 Prozent unterliegt, "strukturell privilegiert" würden. Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht sei die Lücke zwischen dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent (einschließlich der "Reichensteuer" 45 Prozent) und dem Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent problematisch. Homburg erinnerte an das Prinzip des jetzigen Systems der "synthetischen Einkommensteuer", das lautet: gleiche Steuer auf gleiches Einkommen. Der vorgesehene "Systembruch" wird nach seiner Einschätzung "fatale Wirkungen auf die Steuermoral in Deutschland haben". Dass in diesem System höhere Werbungskosten nicht mehr geltend gemacht werden könnten, verstoße gegen das Nettoprinzip, wonach Einkünfte nur netto, also nach Abzug der damit verbundenen Aufwendungen zu versteuern sind. Hartmut Tofaute vom Deutschen Gewerkschaftsbund befürchtet schließlich Steuerausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe.
Die Auswirkungen der Reform auf die kommunalen Spitzenverbände beschäftigten den Finanzausschuss am 9. Mai. Helmut Dedy vom Deutschen Städte- und Gemeindebund sagte, die Reform sei für die Kommunen nicht völlig aufkommensneutral und bezifferte die Verluste auf 800 Millionen Euro. Matthias Wohltmann vom Deutschen Landkreistag wertete es positiv, dass die Gewerbesteuer als zentrale Einnahmequelle der Kommunen nicht in Frage gestellt worden sei.
Stephan Articus vom Deutschen Städtetag plädierte nicht für Ausnahmeregelungen bei der geplanten "Zinsschranke", die die Absetzbarkeit von Zinsen einschränken soll. Allerdings sollten Städte und Gemeinden nicht als "Konzerne" im Sinne des Gesetzes behandelt werden. Änderungen an der Zinsschranke dürften nicht zu Lasten der kommunalen Finanzen gehen, sagte Articus.
Der Bundestag hat am 10. Mai einen Antrag der Linken ( 16/5249 ) an den Finanzausschuss überwiesen, der ebenfalls darauf abzielt, dass die Unternehmensteuerreform nicht die Einnahmen der öffentlichen Haushalte schmälert. Die Fraktion will den Körperschaftsteuersatz nicht senken, sondern bei 25 Prozent belassen und zugleich den Spitzensatz bei der Einkommensteuer auf 50 Prozent anheben. z