Internetnutzung
Der digitale Graben wird kleiner, aber er besteht
Die Menschen in Deutschland sind online wie nie: Laut dem Ende Juni vorgestellten "(N)Onliner-Atlas 2007" nutzen in diesem Jahr zum ersten Mal mehr als 60 Prozent der Bevölkerung das Internet. 2001 waren es nur knapp 37 Prozent. Die Initiative D21, die im Auftrag von Wirtschaft und Bundesregierung die Deutschen digital vernetzen will, ist erfreut: Der "digitale Graben" werde kleiner, erklärte ihr Präsident Bernd Bischoff. Der Abstand zwischen Männern und Frauen hat sich von 13,7 Prozent auf 13,3 Prozent verringert und wird das weiter tun: Unter den Internetneulingen sind mehr Frauen als Männer. Die Gruppe der 60- bis 69-Jährigen verzeichnete 2007 die stärksten Zuwächse überhaupt; nahezu jeder Dritte nutzt nun das Internet.
Die Umfrage unter 50.000 Haushalten macht aber auch deutlich: Der digitale Graben mag sich verengen - aber er besteht: zwischen Stadt und Land, Ost und West, Männern und Frauen, Alten und Jungen. Die Bewohner der Stadtstaaten Berlin und Hamburg sind zu 68 und 64 Prozent Online-Nutzer und damit den Saarländern (51 Prozent) weit voraus. Vor allem aber ist die Nutzung stark vom Bildungsniveau abhängig: Menschen mit höherem Schulabschluss können das Internet und seine Informationsangebote besser nutzen als andere. Menschen mit Arbeit nutzen es häufiger als Arbeitslose.
Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Joachim Würmeling, zog bei der Präsentation des (N)Onliner-Atlas deshalb eine gemischte Bilanz: "Wir freuen uns, dass die Internet-Muffelzeit langsam zu Ende geht", erklärte er, "aber wir müssen unsere Anstrengungen weiter verstärken."
Dass Nachholbedarf besteht, hat auch die jüngste Pisa-Studie erwiesen: Deutsche 15-Jährige lernen wesentlich seltener am Computer als Altersgenossen in Ländern, die bei dem OECD-Kompetenzvergleich besser abschnitten. Die Experten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung konnten zwar nicht nachweisen, dass der Wissenserwerb am Computer schlauer macht - sie halten ihn aber für ein Mittel, für "mehr Chancengerechtigkeit" zu sorgen. Dazu würde gehören, dass die Menschen lesen können, was auf dem Bildschirm geschrieben steht: Mit 22 Prozent funktionalen Analphabeten unter den 15-Jährigen ist es bis dahin in Deutschland noch ein weiter Weg.
Die Autorin arbeitet als freie Journalistin in Berlin.