Herr Seipenbusch, was war der Anlass für die Gründung der Piratenpartei im September 2006?
In Folge der Gründung der schwedischen Piratenpartei Anfang 2006 und des großen Echos auf eine illegale Beschlagnahmeaktion beim BitTorrent-Dienst ,Pirate Bay' (ein Dienst zum Verteilen und Herunterladen von Dateien, Anm. d. Red.) war für viele Leute die Grenze des Zumutbaren überschritten. Im August 2006 fanden sich auf einem kurzerhand gegründeten, deutschen Internetforum zirka 12 Personen zusammen und gründeten die deutsche Piratenpartei. Man muss dazu wissen, dass aktuelle Entscheidungen, wie der 2. Korb der Urheberrechtsnovelle, in Deutschland seit längerem diskutiert und von vielen Interessierten kritisch verfolgt werden.
Welche Ziele verfolgt die Partei?
Das Hauptziel ist die Gestaltung einer Informationsgesellschaft, in der Würde und Freiheit des Menschen über den Wandel der digitalen Revolution hinaus beibehalten und garantiert werden. Wir setzen uns für den freien Zugang zu Wissen und Kultur ein und für die Wahrung eines Kernbereichs der Privatsphäre des Einzelnen. Genau diese Bürgerrechte werden aktuell von einer unheilvollen Allianz von Staat und Wirtschaft am stärksten bedroht.
Vertreten nicht auch andere Parteien diese Ziele?
Höchstens auf dem Papier. Die übrigen Parteien sind sich der Größe des aktuell voranschreitenden Wandels nicht bewusst und reagieren nur sehr langsam und mit alten Rezepten darauf. Dahinter steckt auch ein Generationenproblem, da in den Jugendorganisationen, beispielsweise von Grünen und Liberalen, das Verständnis für die Probleme sehr viel größer ist als in den Zirkeln der Älteren.
Ihre Forderung nach freiem Zugang zum Wissen sieht die Abschaffung des Urheberrechts vor. Warum?
Wir wollen das Urheberrecht nicht abschaffen, aber es gehörig zurechtstutzen, damit es uns in der Informationsgesellschaft nicht insgesamt behindert. Dabei erkennen wir aber die Persönlichkeitsrechte der Urheber in vollem Umfang an. Gleichzeitig sind wir der Überzeugung, dass man die nichtkommerzielle Nutzung und Vervielfältigung von Werken als natürlich betrachten sollte. Entgegen anders lautenden Behauptungen tangiert das die Interessen der meisten Urheber nicht negativ. Wir erleben seit einigen Jahren eine weltweite Kampagne der USA, ihr Copyright-System dem Rest der Welt aufzuzwingen. Letzte Folgen dieses Feldzugs sind IPRED2 und der 2. Korb der deutschen Urheberrechtsnovelle - Entscheidungen, die für uns alle nur Nachteile mit sich bringen.
Wird die Piratenpartei einmal im Bundestag vertreten sein?
Wenn es politisch so weiter geht wie bisher, dann ja.
Das Interview führte Helmut Merschmann.